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Nebenwirkungen, fehlende Dosen und unbegründete Ängste: Der ärztliche Kreisvorsitzende Stefan Skoruppa im großen Interview.

(zel) Wie läuft es mit den Corona-Impfungen im Kreis Pfaffenhofen? Wie viele Menschen haben bereits eine Spritze erhalten? Warum geht es nicht schneller voran? Was weiß man über Nebenwirkungen? Unter anderem darüber spricht Dr. Stefan Skoruppa im Interview mit unserer Zeitung. Der Allgemein-Mediziner aus Jetzendorf ist Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbands von Pfaffenhofen und koordinierender Arzt für den Landkreis im Kampf gegen die Pandemie. "Ich sehe bislang keine seriöse Alternative zum Impfen", betont er und will das als Appell an die Bürger verstanden wissen. Die Ängste, dass eine Corona-Impfung das Erbgut verändern oder zu Unfruchtbarkeit führen könnte, weist er klar zurück: "Wissenschaftlich gesehen sind beide Befürchtungen völlig unbegründet."

 

Herr Skoruppa, Sie haben bereits die Erst- und die Zweit-Impfung gegen Corona erhalten. Hatten Sie denn Nebenwirkungen?

Skoruppa: Bis auf leichte Armschmerzen über 24 Stunden und eine leichte Müdigkeit über zwei Tage habe ich mich die ganze Zeit gut gefühlt. Man kann es vergleichen mit den Nebenwirkungen nach einer Grippe-Impfung.

Was ist Ihnen bislang über Nebenwirkungen von Corona-Impfungen bekannt?

Skoruppa: Bisher hat es bei uns im Landkreis Pfaffenhofen und auch bayernweit keine gravierenden Impf-Nebenwirkungen gegeben. Selbst Allergiker, die wir geimpft haben, hatten keine nennenswerten Beschwerden. Die häufigsten bislang aufgetretenen Nebenwirkungen waren neben den bereits genannten Schmerzen im Arm und Müdigkeit: Gliederschmerzen, leichtes Fieber für ein bis zwei Tage, Kopfschmerzen, in seltenen Fällen Durchfall und Übelkeit.

 

Sie haben kürzlich in einem vom Landkreis veröffentlichten Video gesagt, die einzige Möglichkeit, um die Pandemie möglichst bald in den Griff zu bekommen, seien die Impfungen. Ist das als klarer Appell an alle Bürger zu verstehen?

Skoruppa: Ja! Ich sehe bislang jedenfalls keine seriöse Alternative zum Impfen. Wir können ja nicht im Dauer-Lock-Down bleiben beziehungsweise immer wieder öffnen und schließen. Der größte Wermutstropfen momentan ist, dass wir einfach nicht genug Impfstoff haben. Beim derzeitigen Tempo würde es rechnerisch mehrere Jahre dauern, bis alle Bürgerinnen und Bürger ihre beiden Impf-Dosen erhalten haben. Zur Veranschaulichung: Wir haben in den ersten vier Wochen ab Start der Impfungen insgesamt rund 2000 Landkreis-Bürger geimpft. Der Landkreis hat bekanntlich rund 130 000 Einwohner.

Das Geisenfelder Impf-Zentrum ist noch geschlossen, in Hettenshausen-Reisgang läuft der Betrieb bereits. Wie sind Sie mit dem Impf-Start im Landkreis zufrieden?

Skoruppa: Mit Dr. Peter Korzinek, dem leitenden Impfarzt, dem BRK als Betreiber und der Führungsgruppe Katastrophenschutz unter der Leitung von Steffen Kill haben wir ein hervorragendes Team. Ich hoffe, dass wir in Kürze auch das Impf-Zentrum in Geisenfeld eröffnen können. Voraussetzung dafür sind größere Impfstoff-Mengen. Wir rechnen ab Ende Februar mit einer deutlichen Steigerung der gelieferten Mengen. Ein weiteres Problem ist die unzuverlässige Lieferung des Impfstoffs. Leider wurden zugesagte Lieferungen kurzfristig abgesagt, sodass viele bereits vereinbarte Termine abgesagt werden mussten.

Wer wurde bereits geimpft?

Skoruppa: Bislang wurden von mobilen Teams alle impfwilligen Bewohner und Mitarbeiter der Alten- und Pflegeheime im Landkreis mindestens einmal geimpft. Ein Großteil des Rettungsdienst- und Klinik-Personals hat ebenfalls bereits eine Impfung erhalten, gleiches gilt für die impfwilligen Landkreis-Bürger ab einem Alter von 85 Jahren. In Kürze wird mit den Personen ab 80 Jahren begonnen.

Würden Sie bestimmten Personen-Gruppen von einer Impfung abraten?

Skoruppa: Menschen mit bekannter Allergie gegen Polyehtylenglykol, kurz PEG, sollten unbedingt Rücksprache mit ihrem Hausarzt halten. Das gleiche gilt für Menschen, die sich in einer Chemo- oder Immun-Therapie befinden. Außerdem sind die bisherigen Impfstoffe nur für Personen ab einem Alter von 18 Jahren zugelassen – wahrscheinlich wird sich das noch ändern. In Israel wird bereits ab einem Alter von 16 geimpft.

Mit welchen Ängsten von Menschen bezüglich der Impfungen sehen Sie sich konfrontiert?

Skoruppa: Die beiden größten sind die Angst vor einer Veränderung des Erbguts und die Sorge vor Unfruchtbarkeit. Wissenschaftlich gesehen sind beide Befürchtungen völlig unbegründet. Die Impfstoffe greifen nicht in das Erbgut ein. Und würde der Impfstoff unfruchtbar machen, so müsste auch eine Infektion mit dem Corona-Virus zur Unfruchtbarkeit führen. Wir wissen inzwischen, dass eine Infektion mit dem Corona-Virus nicht zur Unfruchtbarkeit führen kann – anders verhält es sich zum Beispiel mit dem Masern-Virus.

Warum ging die Entwicklung von Corona-Impfstoffen so schnell?

Skoruppa: Die Entwicklung von mRNA-basierten Medikamenten läuft bereits seit etwa 18 Jahren. Was die Zulassung von so genannten mRNA-Impfstoffen – und um solche geht es ja hier – bisher verhindert hatte, war die komplizierte Handhabung: Lagerung bei minus 70 Grad Celsius, Schutz vor Erschütterung und rasche Verimpfung nach dem Aufziehen der Spritze. Bereits im Jahr 2013 hatte zum Beispiel CureVac, ein Unternehmen aus Tübingen, an einem mRNA-Impfstoff gegen Influenza geforscht. Insofern muss man sagen, es ging gar nicht so schnell, wie jetzt mitunter der Anschein erweckt wird. Und zur zweiten Gruppe der Vakzine kann man sagen: Vektor-Impfstoffe werden bereits seit Jahrzehnten in der Tiermedizin eingesetzt. Der erste Vektor-Impfstoff für Menschen war bereits im Jahre 2014 gegen Ebola im Einsatz.

Aber die Zulassung ging deutlich schneller als bei anderen Impfstoffen...

Skoruppa: Ja, das liegt am Rolling-Review-Verfahren. Dies ist ein beschleunigtes Zulassungs-Verfahren für Arzneimittel. Normalerweise werden die kompletten Studien-Daten erst nach Durchführung und Abschluss aller Prüfphasen der Zulassungs-Behörde vorgelegt und eben eine Zulassung beantragt. Im Rolling-Review-Verfahren werden dagegen während der laufenden Studienphasen bereits die Ergebnisse in Real-Time eingereicht. Somit kann die Prüfung bereits frühzeitig beginnen.  

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