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Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) warb in Pfaffenhofen für automatische Gesichts-Erkennung, Video-Überwachung, "klare Kante" bei Abschiebungen und den "Kampf um öffentliche Ordnung". Ein bisschen Wahlkampf machte er auch.

Von Tobias Zell

Prominenter wird es in der Kreisstadt nicht mehr werden in diesem Bundestags-Wahlkampf. Am gestrigen Abend war kein Geringerer als Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zu Gast. Im Stockerhof sprach er vor geschätzt 200 Leuten, gekommen war er auf Einladung des hiesigen Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer (CSU) sowie des Pfaffenhofener Orts- und Kreisverbands der Christsozialen. Worum es gehen sollte, daran ließ er von Beginn an keinen Zweifel. „Wir sind die Partei der Inneren Sicherheit“, proklamierte er. „Innere Sicherheit ist unser Markenzeichen.“ Mit der SPD zeigte der CDU-Politiker Mitleid. Und wer glaube, er helfe der Union, indem er FDP wähle, dem riet er dringend davon ab.

 

Bekanntlich war die Veranstaltung mit de Maizière eigentlich bereits für 30. August angesetzt, musste aber damals kurzfristig abgesagt werden. Der Minister entschuldigte sich dafür. Stattdessen hatte Irlstorfer an jenem Abend eine Grundsatz-Rede gehalten. Gestern nun wurde die Kundgebung mit de Maizière nachgeholt. Und der stieg auch direkt ins Thema ein: Was mache eigentlich gute Sicherheitspolitik aus? Eine Formel dafür gebe es nicht, betonte de Maizière. Aber er hat drei Säulen ausgemacht. 

Erstens: Ausreichend Personal bei Polizei und Justiz sowie gute Ausstattung. Zweitens: Befugnisse, „die Polizei muss auch was dürfen“. Drittens: Entsprechendes Handeln. Diese drei Kernpunkte erläuterte der Minister im Verlauf seiner Rede – gut strukturiert, unterfüttert mit Beispielen, Hintergründen und Daten sowie gewürzt mit feiner Ironie und einer Prise Sarkasmus. Wer Wahlkampf-Getöse erwartet hatte, Dauer-Polemik oder verbales Hau-Drauf, der wurde weitgehend enttäuscht. Wer die Standpunkte der Union in Sachen Sicherheitspolitik  sozusagen aus erster Hand  und verständlich erklärt haben mochte, der wurde bestens bedient.

 

Polizisten und Politiker machen die Sicherheitslage nicht zuletzt daran fest, wie viele Straftaten pro Einwohner registriert werden. Dieser Quotient wird Häufigkeitsziffer genannt – je niedriger die ist, umso besser, sprich: desto sicherer lebt man in der jeweiligen Region. Bayern stehe hier mit am Besten da, betonte de Maizière. Und im Landkreis Pfaffenhofen sei die Lage sogar noch einmal deutlich besser als über den gesamten Freistaat betrachtet. 

In der Tat: Für das vergangene Jahr stehen in Bayern 6871 Straftaten pro 100 000 Einwohner zu Buche. Für den Zuständigkeitsbereich des in Ingolstadt ansässigen Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord, zu dem auch der Landkreis Pfaffenhofen gehört, waren es rechnerisch 4286 Straftaten pro 100 000 Menschen  – und für den Kreis Pfaffenhofen beträgt diese Häufigkeitsziffer lediglich 3784. Diese Zahlen wurden unserer Redaktion heute auf Anfrage von der Pfaffenhofener Inspektion mitgeteilt. Aber zurück zur Minister-Rede.

 

Es habe eine Zeit ohne Personal-Aufbau bei der Polizei gegeben, räumte er an. Doch dann, so de Maizière, „haben sich die Dinge verändert“. Man verzeichne einen Anstieg der Gewalt-Delikte durch alle Bereiche, auch gebe es mehr Vergewaltigungen. Eine „Besorgnis erregende Entwicklung“ sei das, befand der Minister. Als Reaktion sei ein „deutlicher Aufwuchs“ beim Personal beschlossen worden. Die Zahl der Beschäftigten bei der Bundespolizei soll demnach binnen fünf Jahren um 20 Prozent steigen, beim Bundeskriminalamt (BKA) gar um 25 Prozent. 

Ein solches Plus habe es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie gegeben, betonte de Maizière. Man habe teilweise Probleme, die nötigen Leute zu finden. Auch deshalb wurden die Zugangs-Voraussetzungen gelockert, etwa bezüglich der Mindest-Körpergröße. Selbst sichtbare Tätowierungen sind nun kein grundsätzliches Ausschluss-Kriterium mehr. De Maizière spricht von 7000 neuen Stellen bei der Bundespolizei bis zum Jahr 2020.

 

Ein Geschenk von der ehemaligen Hallertauer Bierkönigin Christina Burgstaller gab es für den Innenminister. Mit auf dem Bild: Der Bundestags-Abgeordnete Erich Irlstorfer (von links), CSU-Kreisgeschäftsführer Fabian Flössler, Vize-Landrat Anton Westner, Pfaffenhofens CSU-Chef Christian Moser. 

Es brauche aber nicht nur mehr Polizisten. Sondern Polizisten bräuchten auch mehr Schutz, so der Minister – und damit meinte er nicht nur eine Schutzweste beziehungsweise die Ausstattung. Es gebe „zunehmend Angriffe auf Polizisten“, ja neuerdings sogar auf Rettungskräfte. Das Strafrecht wurde deshalb bereits verschärft. Denn, so der CDU-Politiker sinngemäß: Wer die angreife, die sich für unseren Schutz und unsere Sicherheit einsetzen, der müsse hart bestraft werden. Er berichtete in diesem Zusammenhang auch von einem Fall, als ein Mann die Landung eines Rettungshubschraubers verhindert habe, weil er unbedingt ein Foto von dem Helikopter machen wollte. 

Explizit ging de Maizière auf den Anstieg bei der Zahl der Wohnungseinbrüche in den vergangenen Jahren ein. Als Hauptursache dafür nannte er organisierte Kriminalität. Banden, deren Bosse oft im Ausland sitzen. Die Aufklärungsquote bei Einbrüchen sei „an sich jämmerlich“, betrage um die 20 Prozent. Schlusslicht sei hier übrigens Bremen mit gerade einmal neun Prozent. Dabei sei ein Wohnungseinbruch ein „intimster Eingriff“.

 

Deshalb wurde das Gesetz verschärft: Wer in eine private Wohnung einsteigt, hat eine Mindeststrafe von einem Jahr zu erwarten. „Wenn wir schon mal einen haben, müssen wir den hart bestrafen“, so de Maizière. Und um die Banden-Strukturen zu bekämpfen, habe man den Zugriff auf die Standort- und Verbindungsdaten von Handys ermöglicht. Zudem wurde ein Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung beschlossen. Damit ist es möglich, im Zusammenhang mit der Verfolgung von Straftaten, Vermögen unklarer Herkunft einzuziehen. 

De Maizière warb auch für die automatische Gesichts-Erkennung zur Unterstützung bei der Fahndung, in Berlin läuft bekanntlich derzeit ein Praxis-Test. Und er verteidigte Video-Überwachung im Allgemeinen: Es gelte nicht nur, Straftaten zu verhindern, sondern auch, Straftäter zu ermitteln. Die derzeit unterschiedliche Rechtslage in den Bundesländern sei „unerträglich“, sagte er vor dem Hintergrund von so genannten Gefährdern. Angestrebt werde ein „Muster-Polizeigesetz“ für alle Bundesländer, das sei ein zentrales Mittel zur Herstellung einheitlicher Sicherheits-Standards. Bindend wird das nicht sein, Bayern wird seiner Meinung nach zum Beispiel wohl strengere Regeln anwenden. Aber eine Abweichung nach unten werde wohl keine Landesregierung wagen, sagte er sinngemäß.

 

Außerdem thematisierte de Maizière die Wieder-Erstarkung des Extremismus und der politisch motivierten Gewalt. Er habe darauf auch mit Vereinsverboten reagiert. Das kürzlich erfolgte Verbot der links-extremen Internet-Plattform „linksunten.indymedia.org“ verteidigte der Minister ausdrücklich. Man könne doch nicht dulden, dass gegenüber Polizisten zum Mord aufgerufen werde. Neben den Bemühungen um Innere Sicherheit treibt de Maizière auch der „Kampf um öffentliche Ordnung“ um. Die Entwicklung „im Bereich Ordnung und Betragen“ mache ihm im Moment „fast mehr Sorgen als manche Kriminalitäts-Entwicklung“, sagte er wörtlich. 

Vor dem Hintergrund des Flüchtlings-Zustroms verwies de Maizière auf Änderungen in Sachen Ausreise-Gewahrsam und Abschiebe-Haft sowie auf Fortschritte bei den Verhandlungen mit den Herkunftsländern. Kritisch ging er auf so genannte Abschiebe-Hindernisse ein. Und er bekräftigte, dass man drei Personen-Gruppen künftig auch wieder nach Afghanistan abschieben wolle: Gefährder, Straftäter und „hartnäckige Mitwirkungs-Verweigerer“. Jüngst seien acht Personen abgeschoben worden. Hier müsse man „klare Kante zeigen“. 

Jamaika-Koalition "nicht vergnügungssteuer-pflichtig"

Erst ganz am Ende seiner Rede machte de Maizière noch ein bisschen klassischen Wahlkampf. Die Union sei eine Volkspartei, proklamierte er, denn: „Wir kümmern uns um das Volk.“ Um die „Normalos“ kümmere man sich, denn die seien die eigentlichen Leistungsträger der Gesellschaft. „Wir sind die Partei des Ausgleichs, des Maßes und der Mitte.“ Kurz ging er auf die politischen Mitbewerber ein. Er verwies etwa auf die in Sachen Sicherheitspolitik erreichten Änderungen und befand: „Nichts von dem, was wir durchgesetzt haben mit der SPD, wäre mit den Grünen gegangen, und kaum etwas wäre mit der FDP gegangen.“ Zu einer möglichen Jamaika-Koalition von Union, FDP und Grünen nach der anstehenden Bundestagswahl meinte er: Die sei „nicht vergnügungssteuer-pflichtig“.

Die SPD indes „kann einem ja schon fast leid tun“, befand der CDU-Politiker mit Blick auf jüngste Umfragen, welche die Sozialdemokraten nur mehr bei 20 Prozent sehen. „Eine SPD mit 25 Prozent, mit fünf oder zehn Prozent weniger Stimmen für die Linke und die AfD, ist mir allemal lieber“, konstatierte er. Ausdrücklich warnte er davor, die Liberalen zu wählen: Wer glaube, er erweise der Union einen besonders guten Dienst, wenn er beide Stimmen der FDP gebe, der könnte seiner Einschätzung nach zwei Szenarien erleben. Entweder es reiche dann für CDU/CSU und FDP zusammen nicht. Oder aber die FDP werde so übermütig, „dass wir alle möglichen Dinge, die wir durchsetzen wollen, nicht mehr durchsetzen können“. 

Die Botschaft von de Maizière lautete abschließend: „Gerade, wer an Sicherheit interessiert ist, und gerade, wer keine Fortsetzung der Großen Koalition will, der muss CDU wählen – mit beiden Stimmen; CSU hier in Bayern.“ Und: „Je stärker wir werden, umso besser für die Sicherheits-Belange der Bundesrepublik Deutschland.“  


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