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Der umfassende Umbau des EADS-Konzerns könnte den Cassidian-Standort vor den Toren Ingolstadts härter Treffen, als bislang befürchtet. Offizielle Informationen gibt es aber wohl erst am 9. Dezember, wenn die Umstrukturierungspläne vorgestellt werden. Die IG Metall ruft indes zu einer Protestkundgebung auf.

Von Tobias Zell

Zuerst war es Verunsicherung, nun mischt sich immer mehr Angst um den Arbeitsplatz in die Gefühlslage der Cassidian-Angestellten. Das betrifft auch die Region. Denn in Manching hat Cassidian mit rund 4500 Mitarbeitern seinen weltgrößten Standort. Und fest steht: Der umfangreiche Umbau des EADS-Konzerns wird auch dort Konsequenzen haben. Welche, darüber kann bislang nur spekuliert werden. EADS will die Details erst am 9. Dezember öffentlich machen. Doch nun kursieren Zahlen, wonach ein Stellenabbau um bis zu 20 Prozent geplant sei. Ungeachtet dessen steht bereits fest, dass in Manching auf jeden Fall 240 Jobs wegfallen. Die IG Metall ruft am 28. November vor dem Luftfahrtzentrum in Manching zu einer Protest-Kundgebung auf.

„So viel steht jetzt schon fest: Ohne harte Maßnahmen wird es nicht gehen“, sagte EADS-Vorstandschef Thomas Enders Ende Oktober der Süddeutschen Zeitung und sorgte für Verunsicherung. „Um weitere Kosten- und Personalreduzierungen werden wir nicht umhinkommen.“ Was das konkret bedeutet, auch für die einzelnen Standorte, blieb offen. Nun hat die Nachrichtenagentur dpa aber aus informierten Kreisen erfahren, dass nach Schaffung der neuen Division „Airbus Defense & Space“ ein Stellenabbau von bis zu 20 Prozent geplant sei. Das sorgt für Rechenspiele. Denn die drei Unternehmen Cassidian (Rüstung), Astrium (Raumfahrt) und Airbus Military zählen zusammen rund 40 000 Beschäftigte – eine Streichung von 20 Prozent würde also um die 8000 Arbeitsplätze kosten. EADS kommentiert diese Zahlen nicht und verweist auf den 9. Dezember.

Bekanntlich wird das Verteidigungs- und Raumfahrtgeschäft von EADS zu einer gemeinsamen großen Sparte verschmolzen. „Wir sind jetzt dabei, mit Hochdruck die Integrations- und Synergiepläne für die neue Division zu erarbeiten. Im Dezember werden wir dazu Konkretes sagen können“, so Enders Ende Oktober. Dabei ließ er durchblicken, dass der Rotstift vor allem in Deutschland angesetzt werden könnte: „Was an den deutschen Standorten passiert, hängt im Wesentlichen von der Auftragslage in Deutschland ab. Exportaufträge helfen natürlich, ändern dieses Bild aber nicht grundsätzlich“, sagte er der SZ.

Was EADS im Zuge des groß angelegten Konzern-Umbaus genau plant, soll am 9. Dezember öffentlich gemacht werden, hieß es heute auf Anfrage unserer Zeitung. „Es ist gesetzt, dass wir erst mit den Sozialpartnern reden“, unterstreicht ein Unternehmenssprecher. Will sagen: Vor dem 9. Dezember wird es auch keine Angaben über mögliche Stellenstreichungen in Manching geben. Es wird also weiter spekuliert werden.

Wie der Unternehmenssprecher weiter erklärte, habe es bereits ein Treffen mit Betriebsräten gegeben. Dabei sei aber nicht über Details gesprochen oder diskutiert worden, sagte er und ergänzte: „Es ist auch noch keine Zahl verabschiedet.“

Fest steht aber bereits: In Manching werden 240 Stellen auf jeden Fall wegfallen. Das erklärte Florian Taitsch, Leiter Wirtschaftspresse und Finanzkommunikation bei Cassidian, schon im April gegenüber unserer Zeitung. Und das war lange bevor EADS seine umfangreichen Konzern-Umbaupläne verkündet hat. Doch nun stehen ganz andere Dimensionen im Raum.

Bernhard Stiedl, der IG-Metall-Beauftragte für Cassidian, zeigte sich „geschockt“ von den Zahlen, die nun die Runde machen. Er befürchtet, dass ein Stellenabbau in diesem "dramatischen Umfang" nicht mehr sozialverträglich möglich sein wird und dass es dann wohl zu betriebsbedingten Kündigungen komme. Schon im Oktober reagierte er „sehr überrascht“ über die Ankündigung von „harten Einschnitten“. Die derzeitige Situation und Auslastung bei Cassidian rechtfertigen seiner Meinung nach keine „Reduzierungen bei Kosten und Personal“. Erst mit Auslauf des Eurofighter-Programms im Jahr 2016/17 habe Cassidian einen Personalüberhang. „Bis zu diesem Zeitpunkt sollte sich das Management gemeinsam mit der IG Metall Gedanken machen, wie neue Aufträge gewonnen werden können, um einen Personalabbau zu verhindern.“

Cassidian sei bereits heute die profitabelste Sparte im Konzern, sagte Stiedl und betonte: „Wer in dieser Situation von Einsparungen spricht, will, dass die Belastungen für die Beschäftigten weiter steigen. Dagegen wird sich die IG Metall mit allen Möglichkeiten wehren.“ 

Angesichts der sich nun verdichtenden Hinweise auf die Dimension der Spar-Pläne protestiert die IG Metall gegen den drohenden Arbeitsplatzverlust und ruft am 28. November zu einer Kundgebung in Manching auf. Sie soll ab 9.30 Uhr auf dem Parkplatz Busharfe des militärischen Luftfahrtzentrums in der Rechliner Straße stattfinden. Auf der Kundgebung werden sprechen: Jürgen Wechsler, Bezirksleiter der IG Metall Bayern, und Thomas Pretzl, Betriebsratschef bei Cassidian Manching und Gesamtbetriebsratsvorsitzender der EADS Deutschland GmbH sowie Tobias Weber, Vertrauenskörperleiter der IG Metall bei Cassidian in Manching, und auch Bernhard Stiedl, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Ingolstadt und Unternehmensbeauftragter der IG Metall für die EADS Deutschland.

Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS firmiert künftig unter der renommierten Marke Airbus. Das ist eine Folge umfangreicher Umstrukturierungen, die freilich auch Manching, den weltgrößten Standort der EADS-Tochter Cassidian, betreffen und ab Januar umgesetzt werden sollen. Die EADS-Bereiche für Rüstung, Raumfahrt und militärische Transportflugzeuge werden im Rahmen des Konzern-Umbaus zusammengefasst und firmieren dann unter dem Namen „Airbus Defence & Space“. Sitz dieser neuen EADS-Tochter wird München, ihr Chef soll der bisherige Cassidian-Chef Bernhard Gerwert (60) werden. „Airbus Defence & Space“ soll als neue Division etwa 45 000 Mitarbeiter beschäftigen und einen Jahresumsatz von rund 14 Milliarden Euro generieren.

Ungeachtet der Folgen des Umstrukturierungskurses und möglicher Sparmaßnahmen gilt es indes als sehr wahrscheinlich, dass Manching, der weltgrößte Cassidian-Standort mit rund 4500 Beschäftigten, auch weiterhin eine bedeutende Rolle spielen wird. Das liegt nicht zuletzt an der Infrastruktur mit zwei Start- und Landebahnen, den Werkhallen, aber auch an der benachbarten WTD 61 der Bundeswehr, den System-Unterstützungszentren für Eurofighter und Tornado sowie der in Manching stattfindenden Wartung von Flugzeugen von NATO und Luftwaffe. Außerdem werden immer wieder die besonderen Fähigkeiten der Belegschaft in Manching unterstrichen – in Europa ist das so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal. Manching biete ein Produkt-Portfolio, das zum absoluten Kerngeschäft auch in der neuen Division gehören werde, so Taitsch.

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