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Der Fall Eschelbach sorgt weiter für Zündstoff.

(zel) Wenn beide Seiten Recht haben, dann klingt das nach einem mysteriösen Fall. In Zusammenhang mit der Erweiterung der Hähnchenmast in Eschelbach hatten die Landtags-Grünen moniert, dass das Pfaffenhofener Landratsamt wichtige Unterlagen nicht an den Umweltausschuss des Landtags weitergebe. Man habe „alle Anfragen des Petitionsausschusses beantwortet und die angeforderten Unterlagen weitergeleitet“, hieß es dagegen aus der Kreisbehörde. Über den Verbleib der fehlenden Unterlagen könne sie nichts sagen, erklärte heute wiederum die Grünen-Abgeordnete Rosi Steinberger, die im Umweltausschuss sitzt. Im Ministerium habe es dazu immer wieder geheißen, die Unterlagen wären noch nicht vollständig. Steinberger sieht gravierende Fragen offen. Und was ist eigentlich mit diesen Unterlagen?

 

Seit bekannt geworden ist, dass das Landratsamt – wenngleich mit zahlreichen Auflagen – die Genehmigung für die umstrittene Erweiterung der Hähnchenmast-Anlage im Wolnzacher Ortsteil Eschelbach auf bis zu 144 600 Tiere erteilt hat, sieht sich die Behörde mit zwei Vorwürfen der Landtags-Grünen konfrontiert. Zum einen stößt ihnen sauer auf, dass eine gegen das Vorhaben laufende Petition übergangen worden sei. Zum anderen sollen eben wichtige Unterlagen nicht weitergereicht worden sein. Der amtierende Pfaffenhofener Landrat Anton Westner (CSU) hatte beides entschieden zurückgewiesen. Man habe nach Gesetz und Recht gehandelt und von nicht weitergegebenen Unterlagen könne keine Rede sein, erklärte die Kreisbehörde. 

„Gegen den Willen der Gemeinde und ihrer Bewohner“ habe das Landratsamt eine „gigantische Hühnermast-Anlage“ genehmigt, monierte die Landtags-Fraktion der Grünen. Die Petition wurde ihrer Ansicht nach schlicht ignoriert. „Dieses Vorgehen ist dreist und undemokratisch“, rügte Rosi Steinberger, die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, das Landratsamt. Außerdem prangerte sie an: Die Petition sei doch unter anderem auch deshalb derzeit in einer Warteschleife, weil die Genehmigungsbehörde – also das Landratsamt – wichtige Unterlagen nicht an den Umweltausschuss des Landtags weiterreiche. Ein durchaus gewichtiger Vorwurf. Der weiterhin im Raum steht. Und zugleich wird es immer rätselhafter um diese Unterlagen.

 

„Ohne Umweltverträglichkeitsstudie, ohne TÜV-Genehmigung und ohne Einverständnis der betroffenen Gemeinde ein derart umweltbelastendes Vorhaben aufs Gleis zu setzen, ist schlicht unanständig“, schimpfte Steinberger. Ihr Landtags- und Parteikollege Christian Magerl, zugleich Vorsitzender des Umweltausschusses des Landtags, kann das Vorgehen das Pfaffenhofener Landratsamts ebenso wenig nachvollziehen. Er sehe darin nicht weniger als „eine Missachtung des Parlaments“, erklärte er gestern. 

Vize-Landrat Anton Westner (CSU), der seit dem schweren Unfall von Landrat Martin Wolf (CSU) am 2. April die Geschäfte in der Pfaffenhofener Kreisbehörde führt, reagierte umgehend auf die Kritik der Grünen und wies die Vorwürfe entschieden zurück. Das Landratsamt hatte bei der Durchführung des Planfeststellungs-Verfahrens nach „Gesetz und Recht“ zu handeln, so Westner. Grundlage für das „Verwaltungshandeln“ seien das Bundesimmissionsschutzgesetz sowie weitere Vorschriften gewesen.

„Das Landratsamt hat nach rechtstaatlichen Grundsätzen gehandelt und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung beachtet“, versichert Westner. Der Genehmigungsantrag sei „nach umfassender Prüfung entscheidungsreif“ gewesen. Und die im Gesetz vorgegebenen Genehmigungs-Voraussetzungen seien erfüllt gewesen. Es handle sich in diesem Fall um eine „gebundene Entscheidung“: Einen Ermessens-Spielraum oder gar eine Möglichkeit der Berücksichtigung der politischen Willensbildung habe die Behörde hier nicht gehabt.

 

Da nach Angaben des Landratsamts „alle Voraussetzungen geprüft waren und entscheidungsreif vorlagen“, sei „kein Grund ersichtlich gewesen, die Angelegenheit nicht zu entscheiden“, erklärte Westner: „Ein Hinausschieben wäre rechtwidrig und wir würden uns angreifbar und eventuell sogar schadensersatzpflichtig machen.“ Die Antragsteller hätten seinen Worten zufolge einen Anspruch auf Genehmigung gehabt, „weil alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt waren“.  Die Genehmigungsbehörde habe im Verwaltungsverfahren auch das Interesse der Antragsteller zu berücksichtigen, so Westner. Ein Verfahren sei „zum Abschluss zu bringen, wenn alle entscheidungsrelevanten Themen und Fragestellungen geklärt und die Genehmigungs-Voraussetzungen erfüllt sind“.

Den Vorwurf der Grünen, wonach die Petition unter anderem deshalb in einer Warteschleife sei, weil die Genehmigungsbehörde wichtige Unterlagen nicht an den Umweltausschuss des Landtags weiterreiche, wies man beim Landratsamt zurück. Man habe „alle Anfragen des Petitionsausschusses beantwortet und die angeforderten Unterlagen weitergeleitet“, hieß es dazu. Dem Wunsch des Ausschusses auf Informationen sei „zu jeder Zeit entsprochen worden“. Man könne die Vorwürfe insofern „nicht nachvollziehen“, ließ die Behörde wissen.   

Das wiederum will die Grünen-Abgeordnete Steinberger so nicht stehen lassen. „Grundsätzlich geht es mir darum, dass Petitionen abgewartet werden, bevor vollendete Tatsachen geschaffen werden. So war es zumindest bisher im bayerischen Landtag üblich“, legte sie heute noch einmal nach. „Wenn dieses Beispiel Schule macht, kommt das einer Entwertung des Petitionsrechts gleich“, schimpft sie. Soweit dazu. Aber da bleibt ja noch das Rätsel um die besagten Unterlagen.

Über den Verbleib der fehlenden Unterlagen könne sie nichts sagen, erklärte Steinberger heute und führt dazu näher aus: Die Ausschussbetreuung habe bereits mehrmals im Ministerium nachgehakt, aber dort habe es immer geheißen, die Unterlagen seien noch nicht vollständig. „Wir hätten die Petition gerne morgen in der letzten Sitzung vor der Sommerpause behandelt“, sagt Steinberger, die selbst im Umweltausschuss sitzt. „Aber ohne ausreichende Unterlagen ist uns das nicht möglich.“ Es gibt also offenbar weiterhin Klärungsbedarf. Wer hat diese Unterlagen? Und wo sind sie?

„Viele Fragen sind nach wie vor offen und so gravierend, dass wir auf einer Beantwortung bestehen müssen“, sagt Steinberger. Und ergänzt: Bereits vor drei Wochen habe sie einen Fragenkatalog an das Umweltministerium geschickt, der bis jetzt unbeantwortet geblieben sei. Man habe also bislang weder Antworten auf diese Fragen, hieß es heute gegenüber unserer Zeitung aus dem Büro von Steinberger, noch habe man die geforderten Unterlagen. Es scheint so, als gäbe es noch einige Hühnchen zu rupfen in dieser Angelegenheit.

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