Logo
Anzeige
Anzeige

Landratsamt gibt grünes Licht für umstrittenes Vorhaben, macht aber viele Auflagen und betont: Es handle sich "nicht um eine Ermessens-Entscheidung".

(ty) Für Insider kommt es wenig überraschend: Das Pfaffenhofener Landratsamt hat die Erweiterung der Hähnchenmast im Wolnzacher Ortsteil Eschelbach genehmigt. Unsere Zeitung hatte gestern berichtet, dass eine Entscheidung über das umstrittene Vorhaben unmittelbar bevorsteht und dass damit zu rechnen ist, dass die Kreisbehörde – in Verbindung mit vielen Auflagen – letztlich grünes Licht für den Ausbau des Betriebs auf 144 600 Tiere gibt. Heute nun hat die Behörde öffentlich gemacht, dass die Genehmigung erteilt ist. Es handle sich "nicht um eine Ermessens-Entscheidung", wird betont: „Liegen alle Voraussetzungen vor oder kann ihre Erfüllung durch Auflagen und Bedingungen sichergestellt werden, hat der Antragsteller Anspruch auf Genehmigung.“

Das Landratsamt hatte bekanntlich konkret zu prüfen, ob die bestehenden Stallungen des Hähnchenmast-Betriebs erweitert und zwei zusätzliche neue Hähnchenställe mit einem Tierbestand von dann insgesamt bis zu 144 600 Masthähnchen genehmigt werden können. Dazu war, wie berichtet, ein umfangreiches Planfeststellungs-Verfahren nach dem so genannten Bundesimmissionsschutzgesetz erforderlich, das insgesamt mehr als 1,5 Jahre in Anspruch nahm.  

Nach Auskunft der Kreisbehörde wurden im Zuge dieses aufwändigen Verfahrens insgesamt 16 Fachstellen beteiligt, die Stellungnahmen und Gutachten abgegeben haben. Im Rahmen des Planfeststellungs-Verfahrens gingen vor dem öffentlichen Erörterungstermin auch gut 240 Einzel-Einwendungen sowie 20 Sammel-Einwendungen mit insgesamt rund 2700 Unterschriften ein. Das Vorhaben ist umstritten; die Gegner führen zahlreiche Gründe für ihre ablehnende Haltung ins Feld. Nach Recherchen des „Bund Naturschutz“ (BN) entstünde in dem Wolnzacher Ortsteil eine der größten Anlagen dieser Art in Bayern.

Das Landratsamt hatte indes zuletzt ein Signal ausgesendet, aus dem man bereits schließen konnte, dass letztlich mit der Genehmigung gerechnet werden kann. Denn im Oktober vergangenen Jahres wurde auf Antrag des Bauherrn der so genannte vorzeitige Baubeginn zugelassen. Ein Kriterium für diesen Schritt ist laut Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) eben, dass „mit einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann“. 

Die Genehmigung erging nun, wie erwartet, mit zahlreichen Auflagen: „Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde mit zahlreichen Nebenbestimmungen, insbesondere zum Baurecht, zur Luftreinhaltung, zum Lärmschutz, zum anlagenbezogenen Gewässerschutz, zum Schutz der Arbeitnehmer, zum Bodenschutz und zum Naturschutz versehen“, heißt es dazu aus dem Landratsamt.   

Damit solle sichergestellt werden, „dass im Einwirkungsbereich der Anlage schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden“. Außerdem wird betont: „Da im Rahmen der Planung sowie durch Gutachten alle Voraussetzungen erfüllt werden können, hatten die Antragsteller einen Anspruch auf Genehmigung.“ 

Durch die nunmehr öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung werden die Nachbarn und die Öffentlichkeit offiziell über die Genehmigung sowie deren wesentliche Inhalte unterrichtet. Ferner wird dargelegt, wo der Genehmigungsbescheid nebst Begründung innerhalb der nächsten zwei Wochen eingesehen werden kann. Der gesamte Bescheid ist außerdem im Internet auf der Startseite des Landratsamts unter www.landkreis-pfaffenhofen.de einsehbar; hier der direkte Link.

„Durch die öffentliche Zustellung wird mit dem Ende der Auslegungsfrist am 26. Juli 2017 die Rechtsbehelfsfrist sowohl den Einwendern gegenüber als auch den Personen gegenüber zum Laufen gebracht, die keine Einwendungen erhoben haben“, erklärt das Landratsamt. Danach könne innerhalb eines Monats Klage gegen den Bescheid erhoben werden. 

In Zusammenhang mit der Genehmigung hat das Landratsamt heute in einer ergänzenden Information Antworten zu grundlegenden Fragen rund um das umstrittene Vorhaben beziehungsweise zur Genehmigung selbst gegeben. Hier die wichtigsten Angaben im Überblick.

Was wurde genehmigt?

„Genehmigt wurde die Änderung der bestehenden Stallungen MHS_2 und MHS_3 (lüftungstechnische Sanierung und Erhöhung der Platzzahl von 40 000 auf 43 000) sowie die Errichtung und der Betrieb von zwei neuen Hähnchenmastställen MHS_4 und MHS_5 mit jeweils 50 500 Plätzen und letztlich einem Gesamttierbestand von 144 600 Masthähnchenplätzen.“ 
 

Welche Auflagen wurden gemacht?


„Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde mit 152 Nebenbestimmungen, insbesondere zum Baurecht, zur Luftreinhaltung, zum Lärmschutz, zum anlagenbezogenen Gewässerschutz, zum Schutz der Arbeitnehmer, zum Bodenschutz und zum Naturschutz versehen“, heißt es dazu. Im Rahmen des 1,5 Jahre dauernden Planfeststellungsverfahrens seien 16 Fachstellen beteiligt und um Stellungnahme gebeten worden.“ Wesentlich zur Schutz der Bevölkerung und der Umwelt tragen die in den Antragsunterlagen vorgesehenen und mit der Genehmigung zwingend geforderten Abluftreinigungsanlagen (Luftwäscher) für die beiden neu zu errichtenden Ställe bei.“

Wie beantragt, müsse dazu vor der Erweiterung der innerorts bestehende Stall mit 15 000 genehmigten Tierplätzen stillgelegt werden. 
„Die Planung des Vorhabens und die Einhaltung beziehungsweise Erfüllung der Genehmigungsanforderungen stellen sicher, dass im Einwirkungsbereich der Anlage schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden.“
 

Wie sind die rechtlichen Bedingungen?

„Das Vorhaben ist genehmigungspflichtig nach § 16 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG).
Zuständige Genehmigungsbehörde ist das Landratsamt“. Zu den Genehmigungs-Voraussetzungen erklärt das Landratsamt mit verweis auf das genannte Gesetz: „Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
 2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.“

Betont wird auch: „Es handelt sich damit um eine gebundene Entscheidung, nicht um eine Ermessens-Entscheidung des Landratsamts.“ Dazu wird ausgeführt: „Liegen alle Voraussetzungen vor oder kann ihre Erfüllung durch Auflagen und Bedingungen sichergestellt werden, hat der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung.“

Die Fachbehörden hätten das beantragte Vorhaben geprüft und entsprechend ihren Zuständigkeiten beziehungsweise Fachgebieten die sich daraus ergebenden Nebenbestimmungen vorgeschlagen. Mit Ausnahme der Gemeinde Wolnzach „bestanden seitens der beteiligten Fachstellen keine Bedenken gegen das Vorhaben“, heißt es weiter. Das nicht erteilte Einvernehmen der Kommune war indes nach Ansicht der Kreisbehörde zu ersetzen, „da die wegemäßige Erschließung entgegen der Auffassung des Marktes Wolnzach als gesichert anzusehen ist“. 

Wie geht es jetzt weiter?

Der Genehmigungsbescheid wurde heute öffentlich bekanntgemacht und liege nun bis 26. Juli samt Begründung beim Landratsamt zur Einsicht aus. In dieser Zeit werde der Bescheid auch im Internet auf der Startseite des Landratsamtes veröffentlicht. Danach könne noch innerhalb eines Monats Klage gegen den Bescheid erhoben werden.

Erste Reaktionen kamen inzwischen von den Grünen, die sich quer durch die politischen Ebenen darüber empören, dass das Pfaffenhofener Landratsamt eine gegen das Vorhaben laufende Petition zum bayerischen Landtag ignoriert habe. Lesen Sie dazu: "Dreist", "unanständig", "Missachtung des Parlaments", "Verhöhnung des demokratischen Prinzips"Darauf hat indes wiederum das Landratsamt reagiert, lesen Sie dazu: Nach Hähnchenmast-Genehmigung: Landratsamt weist Vorwürfe zurück.

Bisherige Beiträge zum Thema:
 
 
 

"Alles eine Frage der Haltung" 

Petition soll Erweiterung der Hähnchenmast in Eschelbach verhindern

Hähnchenmast-Erweiterung in Eschelbach: Entscheidung erst 2017 

Nächtlicher Protest in Eschelbach

"Juristisch erneut auf sehr dünnem Eis"

Eschelbach: Mit Genehmigung der Hähnchenmast kann gerechnet werden 

"Ein fataler Irrweg"

Brief aus Brüssel

Tausende Einwendungen gegen 145 000 Masthähnchen

"Ausbeutung von Tieren, Mensch und Umwelt" 

"Das wäre die größte Anlage in Bayern"

Widerstand gegen Hähnchenmast-Erweiterung

Hähnchenmast für 145 000 Tiere in Eschelbach?

Geflügelmast für 145 000 Tiere geplant


Anzeige
RSS feed