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Der FW-Politiker ist Dritter Landrat von Pfaffenhofen, doch diese Woche war er die Nummer eins im Landratsamt. Wir sprachen mit ihm über diese ungewohnte Rolle.

(zel) Der Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf (CSU) liegt bekanntlich nach einem Verkehrsunfall mit schweren Verletzungen in der Klinik, die Amtsgeschäfte führt seither sein Stellvertreter Anton Westner (CSU). Der ist allerdings diese Woche im Urlaub, weshalb der Dritte Landrat Josef Finkenzeller (Freie Wähler) das Ruder übernahm. Eine durchaus nicht alltägliche Konstellation. Wir sprachen heute mit dem 63-jährigen „Aushilfs-Kreischef“ aus Geisenfeld, der die Aufgabe – wie man ihn kennt – ebenso gewissenhaft wie pragmatisch angeht und seine Rolle auch weder über- noch unterschätzt.

Herr Finkenzeller, die Wahrscheinlichkeit, dass man sich als Dritter Landrat auf dem Chefsessel im Landratsamt wiederfindet, ist ja eigentlich eher gering. Hätten Sie damit gerechnet, dass dieser Fall tatsächlich einmal eintritt?
Josef Finkenzeller: Ich habe mich seit dem Jahr 2014 in die Funktion des weiteren Stellvertreters des Landrats gut eingearbeitet. Ich nehme die Aufgaben wie sie kommen und ich mache die Arbeit mit Freude. Sicherlich hätte ich mir andere Umstände als den Unfall von Martin Wolf als Anlass gewünscht. Aber das kann man sich halt nicht aussuchen.

Und plötzlich ist der Posten des Dritten Landrats mehr als nur ein Absatz im politischen Lebenslauf. Die aktuelle Situation zeigt in aller Deutlichkeit auf, warum es Stellvertreter gibt.
Finkenzeller: In unserem Landkreis ist jede Menge los und die Arbeitsmenge wird eher mehr als weniger. Ich bin der festen Überzeugung, dass es richtig ist, dass der Landrat zwei Stellvertreter hat. Der Landkreis Kelheim hat vier Stellvertreter.

Erzählen Sie mal: Wie sah Ihre Woche als amtierender Landrat aus?
Finkenzeller: Ich habe mit den führenden Mitarbeitern die aktuelle Lage und einzelne Fragen besprochen. Ich hatte Kontakte mit Bürgern. In verschiedenen Kreisangelegenheiten wurden Entscheidungen getroffen. Die Sitzung des Bau- und Vergabeausschusses nächste Woche war vorzubereiten. Und natürlich gibt es täglich jede Menge Post und laufende Dinge zu erledigen. Außerdem habe ich die Baustelle im Landratsamts-Hauptgebäude besichtigt und mir die derzeitigen Bauarbeiten erklären lassen. Im Landratsamt wird sehr professionell gearbeitet, sowohl im Büro des Landrats als auch im ganzen Haus. Ich fühle mich bestens unterstützt und beraten. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind freundlich und hochmotiviert.

Für Sie ist das ja auch eine ganz neue Erfahrung. Was haben Sie bislang für sich selbst mitgenommen aus diesen Tagen?
Finkenzeller: Ich bin ein offener Mensch und man lernt bei jedem Kontakt mit Bürgern und bei jedem Gespräch mit Verwaltungsmitarbeitern dazu. Das Amt des Landrats ist anspruchsvoll und man ist täglich gefordert.

Man muss in diesem Zusammenhang freilich auch sagen, dass Vize-Landrat Westner tatsächlich sämtliche Amtsgeschäfte des Ersten Landrats zu übernehmen hat – während Sie als Dritter Landrat manches schlicht nicht dürfen. Wo sind im wahrsten Sinne des Wortes Ihre Grenzen?
Finkenzeller: Der weitere Stellvertreter des Landrats ist für alle Kreisangelegenheiten zuständig, nicht jedoch für die staatlichen Angelegenheiten, also zum Beispiel Bauamt  und Naturschutz.

Gab es Momente in diesen Tagen, in denen Sie froh waren, dass Sie es eben nicht entscheiden müssen – oder bedauert haben, dass sie das jetzt nicht schnell unterschreiben dürfen?
Finkenzeller: Ich bilde mir in den einzelnen Angelegenheiten, die an mich herangetragen werden, eine klare Meinung und im Prinzip würde ich dann auch das eine oder andere durchaus entscheiden, zum Beispiel in Bausachen.

Sie gelten als sehr bürgernah und pragmatisch. Haben Sie in der einen oder anderen  Situation konkret helfen können?
Finkenzeller: Ich habe in mehreren verschiedenen Punkten, in denen mich Bürger angesprochen haben, einen Kontakt zu den zuständigen Sachbearbeitern hergestellt und es konnte auch geholfen werden. Aber das mache ich auch, wenn ich nicht täglich und ständig im Landratsamt bin. Insofern tausche ich mich mit dem jeweils regierenden Landrat aus und setze mich für die Bürger ein. Ich sehe mich insofern auch als deren Sprachrohr. Bei vielen Dingen und Fragen brauchen die Menschen einfach einen Ansprechpartner, der sich um ihre Belange kümmert und ihnen weiterhilft.

Hand aufs Herz: Wie groß ist die Gefahr, dass man einem Bürger etwas verspricht, das man vielleicht gar nicht halten kann?
Finkenzeller: Ich höre mir die Anliegen der Menschen an und verspreche nichts. Ich versuche, bei Unklarheiten zu vermitteln und einen Ansprechpartner zu benennen. Ferner erkläre ich auch immer wieder die Zusammenhänge und dass halt die Gesetze oft sehr kompliziert sind. Häufig können auch die Mitarbeiter im Landratsamt nichts dafür und ihnen sind aufgrund der gesetzlichen Vorschriften die Hände gebunden. Der Grund, warum oft nicht zu Gunsten des Bürgers entschieden werden kann, liegt nicht im Landratsamt, sondern in den Gesetzen, die vom Bundestag um vom Landtag viel zu kompliziert und zu bürokratisch verabschiedet werden. Die Bundes- und Landespolitiker haben eine Entbürokratisierung versprochen und im Alltag ist das Gegenteil der Fall. Von der Bundes- und Landesregierung kommen immer mehr statt weniger Vorschriften und nicht selten werden die Bürger dadurch gegängelt, eingeschränkt und behindert.

Provokant gefragt: Sehen Sie nach diesem Schnupper-Praktikum die Tätigkeit eines Landrats mit anderen Augen?
Finkenzeller: Im Laufe der Woche habe ich keine wesentlichen neuen Erkenntnisse gewonnen, die ich nicht schon früher hatte. Da ich ständig nah dran bin, weiß ich, wie das Landratsamt tickt.

Jetzt muss natürlich die Frage kommen, ob Sie ein guter Erster Landrat wären? Aber: „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, haben Sie selbst erst Mitte März gesagt. Damals haben Sie erklärt, dass Sie wissen, was Sie sich zutrauen – und dass Erster Landrat nicht der richtige Posten für Sie sei.
Finkenzeller: Es ist ein Unterschied, ob man für eine oder zwei Wochen den Landrat intensiv vertritt oder ständig an vorderster Stelle Verantwortung übernimmt, Entscheidungen trifft und präsent sein muss. Das Amt eines Landrats auszufüllen, ist auf die Dauer gesehen eine besondere Herausforderung. Ein Arbeitstag mit oft zwölf bis 14 Stunden, den ein Landrat hat, steht nicht in meiner Zukunftsplanung – ich bin 63 Jahre alt – und das ist auch nicht mein Lebensziel. Ich habe auch anderweitig jede Menge Arbeit und möchte mich nicht so stark verplanen.

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