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Aktionstag der deutschen Polizei-Behörden gegen Hass-Postings im Internet. Sieben Beschuldigte im nördlichen Oberbayern.

(ty) Ein Zeichen gegen Hasskriminalität haben Polizei und Justiz heute auch im Freistaat gesetzt. Nach Angaben des Landeskriminalamts (LKA) vollzogen Ermittler in Bayern dabei Durchsuchungs-Beschlüsse gegen insgesamt 23 Beschuldigte – unter anderem in den Landkreisen Pfaffenhofen und Freising (siehe Tabelle unten). In enger Absprache mit der bayerischen "Zentralstelle für die Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus" (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München koordinierte das Landeskriminalamt die Einsatz-Maßnahmen in Bayern. Seit dem Morgen fanden heute laut Bundeskriminalamt (BKA) im Zuge eines Aktionstags zur Bekämpfung von Hasspostings bundesweit Durchsuchungen statt. Mit 23 von insgesamt 90 Razzien habe der Schwerpunkt in Bayern gelegen, so das bayerische Innenministerium.

 

"Hass im Netz gefährdet die demokratische Gesellschaft", erklärte Harald Pickert, der Präsident des bayerischen Landeskriminalamts. "Menschenverachtende Hetze muss konsequent verfolgt und die Verfasser ermittelt werden. Der oft rassistische, antisemitische oder frauenfeindliche Hass ist eine ernste Bedrohung." Das Posten strafbarer Hasskommentare sei kein Kavaliersdelikt, unterstrich Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb als zuständiger Beauftragter der bayerischen Justiz. "Es drohen ernsthafte Konsequenzen. Es kann zu einer Wohnungs-Durchsuchung kommen; zudem drohen erhebliche Geld- oder Freiheitsstrafen."

Mehr als zehn Straftatbestände, von Beleidigung über Bedrohung bis hin zur Volksverhetzung, können nach Angaben des Landeskriminalamts im Einzelfall erfüllt sein. Hass und Hetze im Netz seien keine Bagatell-Delikte. "Täter wiegen sich auf Grund der scheinbaren Anonymität des Internets in Sicherheit. Die Aktionstage der letzten Jahre und auch heute machen jedoch eines klar: Täter werden ermittelt und deren Taten konsequent zur Anzeige gebracht."

Das konsequente Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft sei ihm sehr wichtig, erklärte der bayerische Innenminister Herrmann. Dazu gehöre auch die akribische Auswertung der sichergestellten Beweismittel. "Oftmals bekommen wir dadurch Ermittlungs-Ansätze zu weiteren Taten und Tätern." Herrmann warnte, dass Hasspostings die Vorstufe für weitere Eskalationen sein könnten. "Wir verstärken deshalb den Kampf gegen Hass im Netz und planen weitere länderübergreifende Schwerpunkt-Aktionen, auch um potentielle Hetzer abzuschrecken. Darüber hinaus gehen unsere Ermittler tagtäglich hochengagiert jedem Hinweis auf strafbare Hetze nach."

Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich ergänzte: "Polizei und Justiz setzen ein deutliches Signal. Hass und Hetze sind keine Bagatelle, sondern eine Gefahr für die Demokratie." Wer im Internet rassistische, beleidigende, antisemitische oder volksverhetzende Straftaten begehe, müsse mit Konsequenzen rechnen. Im Fall von Volksverhetzung drohen Ersttätern hohe Geldstrafen. Im Wiederholungsfall ist auch eine Freiheitsstrafe möglich."

Das Problem sei das große Dunkelfeld", so der Innenminister. Er appelliert an alle von Hass und Hetze Betroffenen, sich umgehend an die Polizei zu wenden. "Dann können wir den Urhebern und Hintermännern auf die Schliche kommen." 

Ein ebenfalls wichtiger Aspekt ist seinen Worten zufolge die möglichst schnelle Löschung der Inhalte auf den Plattformen. "Hier bietet die bayerische Polizei im Rahmen eines Pilot-Projekts an, bei der Anzeige-Erstattung beim jeweiligen Plattform-Betreiber eine Löschungs-Prüfung anzustoßen." Falls der Beitrag nicht fristgerecht gelöscht werde, schalte die Polizei das Bundesamt für Justiz ein. Dann könnten dem Plattform-Betreiber empfindliche Bußgelder drohen. "Je schneller der rechtswidrige Beitrag gelöscht oder gesperrt wird, desto geringer ist seine virale Verbreitung und damit der Schaden", so  Herrmann.

Grundlage dafür ist das Netzwerk-Durchsetzungs-Gesetz (NetzDG), erklärt das bayerische Innenministerium. Das verpflichte Anbieter von sozialen Netzwerken mit mindestens zwei Millionen im Inland registrierten Nutzern, rechtswidrige Inhalte zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren. Bei offensichtlich rechtswidrigen Inhalten müsse das innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Aufforderung geschehen, bei nicht offensichtlich rechtswidrigen Inhalten, die noch einer eingehenden Prüfung bedürften, unverzüglich in der Regel innerhalb von sieben Tagen.

 

Eisenreich: "In Gruppen und Kanälen des Dienstes Telegram werden Hass, Hetze und Verschwörungs-Theorien verbreitet. Weil der Dienst anfangs ein reiner Messenger war, fällt er nicht rechtssicher unter das NetzDG. Diese gefährliche Schutzlücke muss zeitnah geschlossen werden."

Die Justiz sei wachsam und sehr gut aufgestellt. Justizminister Eisenreich: "Ich habe Deutschlands ersten Hate-Speech-Beauftragten bei der Generalstaatsanwaltschaft München berufen und 22 Sonder-Dezernate bei den Staatsanwaltschaften in ganz Bayern eingerichtet." Diese haben seinen Angaben zufolge im vergangenen Jahr bereits 1648 Verfahren wegen Hasskriminalität im Internet geführt. "Unsere Ermittler haben hervorragende Arbeit geleistet", lobt der Minister. "Facebook war dagegen oft nicht hilfreich. Ich erwarte, dass Facebook Auskunfts-Verlangen der Ermittlungs-Behörden ohne Wenn und Aber beantwortet."

Wo die heutigen Durchsuchungen in Bayern erfolgten:

Zum Hintergrund:

Die "Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus" (ZET) wurde zum 1. Januar 2017 zum Zwecke einer konsequenten und effektiven Verfolgung von Straftaten mit terroristischen und extremistischen Bezügen bei der Generalstaatsanwaltschaft München gebildet. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich auf den gesamten Freistaat und umfasst unter anderen folgenden Aufgaben:

  • Bearbeitung von Ermittlungsverfahren, die vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof an die ZET abgegeben werden,
  • Bearbeitung von besonderen Staatsschutzdelikten (§§ 89a, 89b, 91, 109h StGB) z.B. der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und der Terrorismusfinanzierung sowie
  • Bearbeitung von Verfahren der politisch motivierten Kriminalität, soweit der Tat eine extremistische oder terroristische Motivation zugrunde liegt und ihr eine besondere Bedeutung zukommt.

Um Hass und Hetze im Netz effektiv und schlagkräftig zu bekämpfen, wurde zum 1. Januar 2020 bei der ZET zentral für ganz Bayern ein "Hate-Speech-Beauftragter" der bayerischen Justiz bestellt. Gleichzeitig wurden bei den 22 bayerischen
Staatsanwaltschaften entsprechende Sonder-Dezernate eingerichtet, deren Arbeit vom "Hate-Speech-Beauftragten" koordiniert und unterstützt wird. Insbesondere wirkt er dabei auf einheitliche Maßstäbe bei der Sachbearbeitung hin. 

Seit 1. Juni 2020 ist auch die Initiative "Justiz und Medien – konsequent gegen Hass" bei der ZET angesiedelt. Zum 1. Oktober 2021 wurde bei der ZET als zentraler Ansprechpartner der Justiz für alle Fragen im Zusammenhang mit antisemitischen Straftaten für ganz Bayern der Antisemitismus-Beauftragte der bayerischen Justiz eingerichtet. 


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