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Nach seinem Wechsel zur SPD wurde Wolfgang Inderwies aus der CSU als „politische Wanderhure“ beschimpft – nun schießt er zurück und will einiges klarstellen. Bei den Christsozialen gibt man sich indes demonstrativ gelassen.

Von Tobias Zell

Wolfgang Inderwies, derzeit Kreisrat der CSU und Parteimitglied, hat mit seinem Wechsel zu den Sozialdemokraten für Zündstoff gesorgt. Wie berichtet, wurde der 43-Jährige am Donnerstagabend bei der Aufstellungsversammlung der Pfaffenhofener SPD auf Platz 16 der Stadtratsliste gewählt. Im Profi-Sport seien solche Wechsel selbstverständlich, sagte Inderwies, der auch Vorsitzender des BC Uttenhofen ist. Jeder suche sich eben das Team, das am besten zu einem passe. Und während ihn die SPD mit offenen Armen aufnahm, reagierte man bei der CSU doch etwas verschnupft. Ein führender CSU-Kommunalpolitiker, der allerdings nicht namentlich genannt wird, bezeichnete Inderwies in einem Zeitungsbericht als „politische Wanderhure“.

Hintergrund dieser Beschimpfung: Inderwies war zunächst bei den Freien Wählern engagiert, kandidierte in deren Namen auch für den Landtag und war Sprecher der Kreistagsfraktion. Dann ging er zur CSU, für die er seither auch im Kreistag saß, und strebte sogar den Kreisvorsitz an. Nun führte ihn sein Weg zur SPD. Sein Austritt aus der CSU sei inzwischen vollzogen und auch bereits bestätigt, erklärte Inderwies soeben gegenüber unserer Zeitung.

Offiziell gibt man sich bei der CSU zwar verwundert, aber cool. „Reisende soll man nicht aufhalten“, findet Ortsverbandschef Florian Schranz. Inderwies sei eben ein „Heimatloser“, ein „Wanderer zwischen den Welten“. Im übrigen sei der Listenplatz, den Inderwies nun bei der SPD ergattert habe, „nicht viel besser, als der, den wir ihm angeboten haben“.

Thomas Röder, Fraktionschef und Bürgermeisterkandidat der CSU, gibt sich demonstrativ gelassen. „Wir haben eine Demokratie mit mehreren Parteien“, sagt er. Und wenn Inderwies meine, dass er bei der SPD mit einem besseren Listenplatz sein Glück finde, dann solle er das machen. „Ich bin ihm nicht böse, ich persönlich komme mit ihm wunderbar zurecht“, betont Röder, ergänzt aber auch: Die Wähler würden den zweifachen Wechsel von Inderwies schon bewerten. Röder selbst kann das alles nicht so ganz nachvollziehen: „Man kann seine politische Einstellung vielleicht einmal ändern, aber nicht zwei Mal über den Haufen werfen.“

Inderwies hat indes mit einer ausführlichen Stellungnahme auf die Beschimpfung reagiert. Darin blickt er nicht nur auf sein Engagement bei der CSU zurück, sondern geht auch auf die Beschimpfung als „politische Wanderhure“ ein.

Herzlich aufgenommen bei den Sozialdemokraten: Wolfgang Inderwies (links), hier mit dem Pfaffenhofener SPD-Chef Markus Käser.

Nicht nur als Kreisvorsitzender hätte er sich demnach in den knapp sechs Jahren seiner CSU-Zugehörigkeit zur Verfügung gestellt, er habe auch Klausurtagungen moderiert, Plakate geklebt, Prospekte verteilt, Sommerfeste organisiert und dort die Bierkrüge ausgewaschen. Er habe sich bemüht, die politische Gruppierung nach besten Kräften zu unterstützen, in deren Kreistagsfraktion er nach den vergangenen Kommunalwahlen eingetreten ist – „eingetreten nicht als Bittsteller, sondern auf Anfrage des CSU-Fraktionssprechers“, wie Inderwies betont wissen will.

Dass er nun enttäuscht über die Listenplatzierungen gewesen sei, die ihm die CSU für die Stadtrats- und Kreistagswahl angeboten hatte, „mag so sein“, räumt Inderwies ein. Er sei ja auch kein CSU-Urgestein und habe noch nie für die CSU kandidiert. Jedenfalls sei er „keiner, der Groll hegt oder sich befleißigt fühlt, nach zwölfjähriger Kreistagszugehörigkeit in Ellenbogenmanier bei den ,Schwarzen’ um einigermaßen akzeptable Listenplätzen zu kämpfen“. Er habe „versucht, die Situation sportlich zu meistern, und still und leise auf eine Kandidatur bei der CSU verzichtet – offenbar hat die staatstragende Partei ja ein Luxusproblem an Kandidaten“, schreibt Inderwies.

Mit Bezug auf die gegen ihn geäußerte Bezeichnung als „politische Wanderhure“ erklärt Inderwies: „Schade, dass dieser feige führende CSU-Kommunalpolitiker nicht Manns genug ist, seinen Namen zu nennen. Allzu gerne hätte ich ihn persönlich gefragt, ob er in Ribéry, Neuer oder Götze, in Edelmann, Pöckl oder Wagner denn dann auch sportliche Wanderhuren sieht?“ Die Professionalität, wie sie bei Vereinswechseln im Fußballsport über alle Spielklassen hinweg selbstverständlich sei, „scheint diesem führenden CSU-Kommunalpolitiker offenbar völlig fremd zu sein“, kontert Inderwies.

Die CSU hält dagegen. Man könne die Politik schon mit Fußball Vergleichen, sagte heute der Pfaffenhofener Ortsverbands-Chef Schranz gegenüber unserer Zeitung. „Aber der Vergleich hinkt.“ Es sei doch ein „gewaltiger Unterschied“, ob jemand im Laufe seiner Karriere bei drei verschiedenen Vereinen spiele oder Mitglied in drei verschiedenen Parteien oder Gruppierungen sei. „Das passt einfach nicht, Politik ist ja auch eine Herzensangelegenheit“, sagt Schranz, dem das Verhalten von Inderwies schlichtweg zu „sprunghaft“ ist. 

„Im Sinne einer weiterhin lebendigen Stadt Pfaffenhofen“ wünscht sich Inderwies derweil, „dass in der Kommunalpolitik keine parteilichen Ideologien oder Seilschaften, sondern ein gesunder Mix an fachlichen Kompetenzen den Ton angibt.“ In den Mannschaftsaufstellungen der CSU habe er diesmal keinen rechten Platz gefunden. Die SPD habe ihm hingegen eine interessante Position auf ihrer Stadtratsliste angeboten. „Und ich bin gerne da, wo ich gebraucht werde.“

Gegenüber unserer Zeitung äußert sich Inderwies auch noch einmal explizit zu der Beleidigung als „politische Wanderhure“. Wer sich mit dem Begriff „Wanderhure“ schon einmal auseinandergesetzt habe, der wisse, dass es sich dabei um die Protagonistin eines gleichnamigen Romans von Iny Lorentz handle, so Inderwies: „Die junge Marie Schärer wurde durch ungerechtfertigte Beschuldigungen ihres heimtückischen Verlobten in die Prostitution gezwungen, bevor sie diesen auf den Scheiterhaufen brachte. Schon deshalb kann ich den auf mich bezogenen „Kosenamen“ nicht nachvollziehen: Ich hatte bisher nicht den geringsten Grund, die CSU ungerechtfertigter Beschuldigungen zu bezichtigen.“ Seinen Lebensunterhalt bestreite er über europaweite Beratungsmandate und Lehraufträge in der Gebäudebewirtschaftung, nicht über kommunalpolitische Sitzungsgelder. „Und letztlich liegt es mir völlig fern, die CSU an den Scheiterhaufen zu liefern“, stellt er klar.

„Ich möchte mich lediglich weiterhin kommunalpolitisch einbringen“, betont Inderwies abschließend. Seine Themen seien vor allen Dingen sein beruflicher Schwerpunkt „Facility Management“, aber als Vorsitzender des BC Uttenhofen auch der Sport und die Ortsteile. „Und die Mannschaft der SPD hat mich spontan und sehr aufgeschlossen empfangen – warum also nicht?“

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