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Pfaffenhofener Bauausschuss erteilt Einvernehmen zu dem Vorhaben, in einer Firmenhalle am Kuglhof bis zu 112 Flüchtlinge unterzubringen – nach intensiver Diskussion

(zel) Nach intensiver und teilweise kontroverser Debatte hat der Bauausschuss des Pfaffenhofener Stadtrats in seiner heutigen Sitzung gegen die Stimmen der Freien Wähler einer beantragten Nutzungsänderung das städtische Einvernehmen erteilt, wonach im Gewerbegebiet am Kuglhof in einer Firmenhalle mindestens drei Jahre lang bis zu 112 Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Zu genehmigen ist die Asyl-Unterkunft vom Landratsamt. Da die Kreisbehörde dem Vorhaben positiv gegenübersteht – Unterkünfte werden dringend gebraucht – und zudem baurechtlich offenbar kein Grund zur Ablehnung vorliegt, wird das Projekt höchstwahrscheinlich genehmigt und dann wohl auch bald realisiert. 

Es geht um die relativ neue Halle an der Schäfflerstraße 18. Unsere Zeitung berichtete bereits über das Gebäude, weil dort unter anderem eine Self-Storage-Anlage untergebracht ist. Lesen Sie dazu: Das große Einlagern

Nun wurde für einen Teil des Gebäudes eine temporäre Nutzungsänderung beantragt, die es möglich machen soll, in der Halle gut 110 Asylbewerber unterzubringen sowie auf einer rund 1000 Quadratmeter großen Freifläche davor Container aufzustellen. In der Firmenhalle selbst sollen Schlafräume für die Flüchtlinge errichtet werden. In den Containern sollen Duschen, Waschräume und Toiletten untergebracht werden; weitere Container sollen als Aufenthaltsräume dienen.

Druck aufs Landratsamt und die anderen Gemeinden

Das Baurecht wurde im vergangenen Jahr geöffnet, um auch in Gewerbegebieten Wohnmöglichkeiten für Flüchtlinge schaffen zu können. Darauf wies Bürgermeister Thomas Herker (SPD) gleich einführend hin. Er verwies aber auch darauf, dass sich alle 19 Landkreis-Gemeinden verständigt haben, jeweils zwei Prozent ihrer Einwohnerzahl an Flüchtlingen aufzunehmen. Wie am Montag im Kreistag berichtet wurde, haben einige Kommunen hier noch gehörigen Nachholbedarf. Manche liegen erst bei 0,2 Prozent. Lesen Sie dazu auch: "Dann beschlagnahmen wir öffentliches Eigentum"

Herker wies darauf hin, dass die Kreisstadt auf dem Weg sei, ihr Soll mehr als zu erfüllen. Zugleich kündigte er – wie im Kreistag bereits erklärt – an, dass Pfaffenhofen über die derzeit noch konkret anstehenden Vorhaben hinaus erst einmal keine weiteren Maßnahmen mehr zu Schaffung von weiteren Asyl-Unterkünften ergreifen werde – und zwar so lange, bis auch die anderen Gemeinden eine Quote von etwa 1,7 Prozent erreicht hätten. 

Zu der umstrittenen Schaffung der Asyl-Unterkunft am Kuglhof erklärte er mit Verweis auf das Baurecht: Es bleibe der Stadt praktisch nichts anderes übrig, als in diesem Fall ihr Einvernehmen zu erteilen. Das unterstrich Stadtjurist Florian Erdle: Es gehe hier einzig um die Frage, ob baurechtlich etwas gegen das Vorhaben spreche – und da sah er keine Handhabe, Nein zu sagen.

Befürchtungen der Anlieger

Herker erinnerte an die Befürchtungen der Anlieger und gab dazu auch eine Einschätzung der Polizei wieder: Die sieht seinen Worten zufolge keine Probleme, wenn vom Landratsamt auf die entsprechende Infrastruktur in der Unterkunft geachtet werde. Die Stadt fordert außerdem eine Information für die Anwohner und will zudem ihre neu eingestellte Integrations-Beauftragte einbinden.

Franz Schmuttermayr (CSU) sprach angesichts der geplanten bis zu 112 Personen in der Halle von einer „Massen-Unterkunft“ und hofft, dass diese Form der Unterbringung baldmöglichst wieder aufgehoben werden kann. Erdle ergänzte, die Stadt könne die Nutzung der Halle als Asyl-Unterkunft untersagen, wenn sich ergeben sollte, dass keine Notwendigkeit mehr dafür bestehe. 

Peter Heinzmair (FW) meinte: Selbst, wenn das baurechtlich möglich sei, sei damit ja nicht gesagt, dass man es auch unbedingt machen müsse. Die Flüchtlinge würden da „gehalten wie im Hühnerstall“, kritisierte er, „da kann doch keine Integration stattfinden“. 

Hechinger: "Unrechtsstaat"

Max Hechinger (FW) wollte auch an die Grundstücks-Besitzer in dem Gewerbegebiet gedacht wissen. Die hätten ihre Flächen damals unter ganz anderen Vorzeichen gekauft, sagte er sinngemäß. Und jetzt heble der Staat die Rechtslage aus – indem er Asyl-Unterkünfte in einem Gebiet zulässt. Hechinger sprach in Anlehnung an den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) von einem „Unrechtsstaat“, auf den man sich nicht mehr verlassen könne. 

Zugleich forderte Hechinger, der auch im Kreistag sitzt, die Solidarität eben jender Landkreis-Gemeinden ein, die bei der Schaffung von Asyl-Unterkünften noch Nachholbedarf haben. Er sprach sich gegen den „vorauseilenden Gehorsam“ Pfaffenhofens aus. Man müsse ein Zeichen setzen. Pfaffenhofen habe seine Pflicht erst einmal getan. Außerdem sei das Gewerbegebiet Kuglhof ein „objektiv sehr schlechter Ort“ für eine Asyl-Unterkunft. Da gebe es keine Infrastruktur. Wie solle dort die Integration gelingen. Es gebe bessere Standorte, dieser sei jedenfalls eine „ganz schlechte Lösung“.

Nur baurechtlich zu würdigen

Man habe das Vorhaben nicht politisch, sondern (bau)rechtlich zu würdigen, erinnerte Herker. Dem Vorwurf vom „Unrechtsstaat“ widersprach er. Das Vorhaben habe baurechtlich keine Auswirkungen auf die anderen Eigentümer. Zugleich verwies er darauf, dass angedrohte Schadensersatz-Forderungen zum einen nicht die Stadt treffen, weil der Landkreis die Asyl-Unterkunft betreiben würde, und dass er solchen Forderungen außerdem auch wenig Aussicht auf Erfolg gebe. 

Geschäftsleute vom Kuglhof, wo unter anderem ein Fitness-Studio, ein großes Kino, eine Disco, ein Bowling-Center und ein Spiel-Casino betrieben werden, machen sich Sorgen angesichts geplanten Flüchtlings-Unterkunft. Sie haben angeblich auch einen Anwalt beauftragt, der das Vorhaben verhindern soll.

"Keine Stammtisch-Diskussion"

Auch der Dritte Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne) betonte, dass der Bauausschuss nur die rechtliche Sicht zu würdigen habe. Er befand aber, dass Container nicht förderlich für die Integration seien. Zugleich habe Pfaffenhofen als Kreisstadt eine „außerordentliche Verpflichtung“ bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Er appellierte an die Menschlichkeit der Kollegen im Gremium und der Pfaffenhofener. Es gelte, die Flüchtlinge „zum empfangen“, alles andere sei „unmenschlich und unchristlich“. Man dürfe hier keine „Stammtisch-Diskussion“ führen. Viel wichtiger sei es, in die Integration auch gleich die Bildungsträger einzubeziehen. 

Markus Käser (SPD) mahnte eine ehrliche Debatte an: Wenn die Unterkunft hier nicht komme, dann komme sie eben woanders. Die Besonderheit hier sei aber, räumte er ein, dass in dem Gewerbegebiet vor allem Freizeit-Einrichtungen beheimatet sind, die vor allem abends Kundschaft haben. Zugleich würden die Flüchtlinge abends und nachts weniger betreut. Er könne jeden, der hier ein Geschäft betreibt, in seiner Sorge verstehen, so Käser. Gerade deshalb gelte es, die Integrationsarbeit massiv zu verstärken – man solle aber nicht von vornherein auf Konfrontationskurs gehen.

"Mit kühlem Kopf"

Natürlich würde es sich anbieten, dieses Vorhaben abzulehnen, sagte Richard Fischer (ÖDP), fragte jedoch zugleich: „Schaut so verantwortungsvolle Politik aus?“ Alle, die jetzt dagegen stimmen, müssten dann auch die Alternativ-Standorte erklären – in Wohngebieten oder in Turnhallen. Man müsse „mit kühlem Kopf“ urteilen und die ganze Stadt im Blick haben. Sein Fazit: Die geplante Unterkunft am Kuglhof sei „die am wenigsten schlechte Lösung“. 

„Die Standortfrage stellt sich hier überhaupt nicht“, fand Florian Schranz (CSU). „Wenn wir im Gewerbegebiet schon diskutieren, dann geht’s ja im Wohngebiet erst recht nicht“, mahnte er an. Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) unterstrich Fischers Aussagen, sprach von einer „Christen- und Menschenpflicht“, forderte aber auch die Solidarität im Landkreis ein. Zum vorliegenden Fall lautete sein Fazit zur baurechtlichen Würdigung – und um die ging es ja: „Ich kann nur Ja sagen.“ 

Letztlich stimmte der Bauausschuss mehrheitlich dafür, der für die Schaffung einer Flüchtlings-Unterkunft nötigen Nutzungsänderung das städtische Einvernehmen zu erteilen. Und zwar auf drei Jahre – ohne weiteren Option. Dagegen votierten Heinzlmair und Hechinger von den Freien Wählern. Sie halten die Asyl-Unterkunft in der Firmenhalle im Gewerbegebiet einfach für keine gute Lösung.


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