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Das Scharmützel zwischen CSU und Audi wirft aber doch ein paar Fragen auf 

Ein Kommentar von Michael Schmatloch 

„Viel Lärm um Nichts“ hätte Shakespeare vermutlich gesagt über das Geplänkel zwischen CSU-Fraktionschef Joachim Genosko und Audi, bei dem es im Grunde um die Frage geht, wer wie viel beizutragen hat zur Lösung jener Verkehrsprobleme, die der ständig wachsende Riese Audi im Norden der Stadt verursacht.

Auch wenn die verklausulierte Drohung von Personalchef Thomas Sigi den Ingolstädtern kurzzeitig den Atem stocken ließ – geht es doch um weitere Arbeitsplätze beim Autobauer: Im Grunde war das nicht viel mehr als heiße Luft. „Wenn das, was Joachim Genosko als Fraktionsvorsitzender der CSU hier äußert, die Meinung der Bürger der Stadt Ingolstadt sein sollte, müssten wir uns überlegen, ob es noch Sinn macht, im geplanten Umfang an diesem Standort weiter zusätzlich Arbeitsplätze aufzubauen.“ Um zu verifizieren, ob die Bürger die Meinung Genoskos teilen, müsste Herr Sigi schon eine repräsentative Umfrage in Auftrag geben.

In der Tat stellt sich aber die Frage, ob nun Joachim Genosko, der kommunalpolitisch gesehen die Reiseflughöhe ohnehon schon verlassen hat, Recht hat mit der Forderung, Audi müsse mehr tun zur Lösung der Verkehrsprobleme als lediglich ein paar Millionen in die Bezuschussung des Job-Tickets zu stecken. Auf den Punkt gebracht: Muss ein Unternehmen, das Jahr für Jahr dafür sorgt, dass hohe dreistellige Millionenbeträge in die Stadtkasse fließen, auch noch selbst die Straßen bauen für die Arbeiter? Und eventuell auch noch die Wohnungen? Oder sind diese Millionen nicht Verpflichtung für die Stadt, einen Teil auch in infrastrukturelle Maßnahmen zu stecken.

Infrastruktur ist die Sache der Stadt Ingolstadt nicht. Noch nie gewesen. Da ist Audi nur ein Beispiel. Im Umfeld des Autobauers wird jetzt eine Notoperation nach der anderen durchgeführt, die im Grunde verschleiern sollen, dass man diese voraussehbaren Verkehrprobleme zu lösen seit Jahrzehnten verschlafen hat, Maßnahmen wie die Nordumgehung Gaimersheim über viele Jahre hinweg dem Kleinkrieg der Politiker geopfert, mangelnden Konsens auf dem Rücken der Audianer ausgetragen hat.

Wären die Forderungen an Audi legitim, dann müsste im Umkehrschluss der Westpark sich um die Probleme am Kreisel und die in der Neuburger Straße kümmern, der FC 04 um die in der Manchinger Straße.

In Ingolstadt schiebt man gerne mal die Probleme in die Tasche von Audi, ob nun den Verkehr, die fehlenden Wohnungen oder die überhöhten Grundstücks- und Mietpreise. Sicherlich: Ohne Audi hätte Ingolstadt all diese Probleme nicht. Denn ohne Audi wäre Ingolstadt die nördlichste Stadt der Sahel-Zone. Ein wirtschaftlich unbedeutendes Dorf mit sicherlich weit höherer Arbeitslosenquote. Die DDR Bayerns sozusagen.

Denn neben den infrastrukturellen Fehlleistungen der Stadt fehlt eine weit wichtigere Antwort ebenso schon seit Jahrzehnten: Was tun gegen die in hohem Maße gefährliche Monostruktur? Dass Ingolstadts Situation dem Tanz auf dem Vulkan gleicht, das weiß jeder der politisch Verantwortlichen. Dass die Arbeitsplätze hier vom Wohlwollen aus dem Reich der Mitte abhängen auch. Ein Spiel auf Zeit, wie wir alle wissen. Auch wenn wir es ungern aussprechen.

Nicht umsonst hüten sich alle, das Gespenst von Detroit zu beschwören. Im Gegenteil:  werden wir nicht müde zu beteuern, dass so etwas hier bei uns nie passieren könnte, weil  . . . Natürlich kann es eines Tages passieren, dass auch Ingolstadts Norden zur Geisterstadt mutiert. Dagegen hilft nur eines. Was sich bei Straßen und Wohnungsbau auch bewährt hat: Kopf in den Sand.

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