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Der Pfaffenhofener Fastenprediger Florian Erdle schenkte den Ingolstädtern wieder gehörig ein beim Starkbieranstich von Herrnbräu

Von Michael Schmatloch

Die ganze Fastenpredigt als Audio

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Er ist halt die unangefochtene Nummer eins der Ingolstädter Fastenprediger, der Pfaffenhofener Stadtjurist Florian Erdle. Gut, das sagt jetzt noch nicht viel, da es nur zwei Fastenprediger auf der Schanz gibt. Doch auch abgesehen von diesem internen „Ranking“ hat der ebenso schnell redende wie schlagfertige Erdle in seiner nunmehr dritten Predigt in der Schanzer Rutsch’n erneut feine Beobachtungsgabe und intelligenten Humor zu einer brisanten kommunalpolitischen Mixtur vermengt und nach gut einer Stunde Redezeit ein herzhaft applaudierendes Auditorium hinterlassen bei dem gefragten Starkbieranstich, zu dem Herrnbräu hat wieder alles eingeladen, was in Ingolstadt Rang und Namen hat. „Und immerhin drei davon sind auch gekommen.“

Natürlich war die Rutsch’n wie immer bis auf den letzten Platz ausgebucht. Kein Wunder, ist der Starkbieranstich von Herrnbräu – mittlerweile Nummer elf – ein „must have“ im Ingolstädter Gesellschaftsleben. Nicht zuletzt dank der satirischen Qualität der Predigten, die der Schauspieler Johannes Langer auf das Niveau gehoben hat, auf dem jetzt Florian Erdle weitermacht. Auch wenn es nicht richtig böse war, was Florian Erdle da zusammengetragen hat, mit Wattebäuschchen schmeißt der wortgewandte Jurist auch wieder nicht. Da waren durchaus ein paar Pointen dabei, bei denen der Applaus eher verhalten ausfiel, einige Spitzen, die die Betroffenen trocken durchschlucken ließen. Stets aber gab sich Erdle als kundiger, humorvoller und treffsicherer Beobachter der gehobenen Ingolstädter Provinzialität.

„Wer erinnert sich nicht gern an die klassischen Worte von Kaiser Napoleon, als er am 18. April 1809 nach Durchreiten des Kreuztors beeindruckt das Zentrum der Großstadt Ingolstadt erblickte:
Napoleon hat gerufen: So ein Kaff! Der Mann hatte also schon damals weltgeschichtlichen Weitblick“, meinte Erdle einleitend, „so erfolgte dann im 19. Jahrhundert die Gründung des Stammtisches Le Kaff-É, um diesen Stand der Innenentwicklung dauerhaft zu bewahren – eine immer noch erfolgreiche Initiative, wie Sie alle wissen.“ Kritiker sagten ja, die Mitglieder des Le Café seien alle aus dem letzten Jahrtausend, und manche ihrer Ansichten wären sogar noch älter. „Aber Vorsicht: der Regensburger hat schon einmal mitgeholfen, tückisch einen Starkbierredner zu beseitigen, einen türkischen.“

Was früher die regelmäßigen feindlichen Truppendurchzüge durch Ingolstadt gewesen seien, das ersetze heute der tägliche Audi-Berufsverkehr. „Nur im neuen städtischen Imagefilm hab ich kein einziges Auto gesehen. Nach dem Titel dieses Werbemachwerks, „INs Grüne“, hat man schon Angst, es wäre ein Film über Leininger, Kleine & Co. Stattdessen sieht man zehn Minuten lang lauter junge, schöne, intelligente Bevölkerer der Donauauen, keiner über 35 Jahre, alle sportlich. Wenn ich mich da heute so im Publikum umschaue ... lauter Externe.“

Wie aktuell Erdle seine Predigt schreibt, bewies nicht nur sein Ausflug in die Welt des Sports. Zum FC 04 zum Beispiel, bei dem es runder laufe, „seitdem der Jackwerth in der Mannschaft keine Zeitarbeiter mehr aus der eigenen Firma einschleust. Aber warum ein Derby gegen den Pleiteverein 1860 München, das Griechenland der Bundesliga, nur unentschieden ausgeht? War da vorher doch wieder einer vom Stadtrat in der Kabine?“


Damit sich im Stadtrat mal wieder was bewege, habe der Dr. Lösel für den Sommer zum Stadt-Radeln geladen. Und an de Ob gewandt meite Erdle: „Wollen Sie da wirklich drei Wochen lang Ihre Leisetreter vom Stadtrat auf die Fußgängerzone loslassen? Es sind doch schon genügend Geisterradler unterwegs.“

Ein „Lob“ für INTV, das abwechslungsreichste Testbild der Region 10, „bei dem es vorletzten Montag am Stück acht Stunden Sendeausfall gab: Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, nur leider einen Tag zu früh: der Stadtratslivestream war erst am Dienstag. Der Franz Hofmaier von der ÖDP hat das einzig Sinnvolle gemacht. Der ist nämlich gleich in der Sitzung eingeschlafen. Am besten gefallen hat mir trotzdem der Postler Bannert, immerhin seit 1990 im Stadtrat – und unter den Einäugigen mit Abstand der Blindeste.“

Ein paar Zitate:

„Bei der CSU ist es so still. Was ist mit Ihren ganzen Affären und Urkundsdelikten? Man liest gar nichts mehr, nicht einmal vom Einsiedel, dem Ingolstädter Tannhäuser. Ist der schon vom Papst und aus Jerusalem zurück?“

„Der arme Markus Reichart ist, nachdem er den Vorsitz der Schwerregierbaren endlich an den Stachel hat abgeben dürfen, jetzt auch formal so unbedeutend wie vorher. Das Motto der neuen FW-Fraktion: Mittelmaß statt Mittelstand. Einer allein ist unberechenbar, gemeinsam sind wir völlig außer Kontrolle.“

„Wir kommen zum größten Sachpolitiker des Stadtrats: ein Naturtalent und mittlerweile eine echte Alleinstellung: Henry Okorafor. Manchmal versteht man ihn nicht ganz; vor allem bei seinen Wortmeldungen, und trotzdem soll er Vertrauliches ausgeplaudert haben. Vertrauliches bei den Grünen, da lacht ja der Lokalteil. Wenn alle Politologen so herrlich unbedarft sind wie der Henry, dann sollten sie vielleicht doch besser Taxi fahren als in einen Gemeinderat gehen.“

„Auf der miba gibt’s bald eine Sonderschau: nein, nicht für Modellautos, obwohl der Heinrich Sandner da eine interessante Firma haben muss. Auf der miba gibt’s ein Zelt mit echten Ingolstädter Dinosauriern. Also mit dem Schuhmann-saurus (1972), mit weniger Bart dem Frau-Kleine-saurus (seit 1984) und mit allen Urviechern der FW-Fraktion.“

„Als ganzes Gegenteil zu den Dinosauriern sind zweieinhalb junge Ingolstädterinnen bei Germany‘s Next Top Modell unter den Top 10 – gute Chancen werden einer anderen Ingolstädterin auch bei Germany‘s Top-Modellbauer eingeräumt.“

„Aber was ist das alles gegen die wandernde Dreifaltigkeit, das Bürgermeister-Drei-Gestirn Schnellehmannlösel? Man trifft sie fast überall, fast wie die heiligen drei König mit ihrem Stern, sie essen, sie trinken und bezahlen nicht gern.“

„Es war beim Neujahrsempfang schon ein eindrucksvoller Einmarsch, so ein Einzug von drei Oberbürgermeistern. Dann ist Lösel auf die Bühne, hat hinaufgeschaut zum Mikrofon, atemlose Stille im vollbesetzten Saal. Ganz kann er den Steuerberater noch nicht verleugnen, der Nachwuchs-Augustus. Aber ich habe mir sagen lassen: es heißt nicht humorlos, es heißt staatstragend. Und der Lösel wird auch zunehmend gelöselt, also lockerer. Und wenn in der Fußgängerzone inzwischen wieder was versprüht wird, ist es nicht mehr die gelbe Farbe vom frechen Finkenzeller, sondern der schwarze Charme vom Oberbürgermeister beim Bürgerspaziergang.“

„Auf dem Weg zum geschäftsberuhigten Bereich wurden in der Innenstadt wirkliche Erfolge erzielt:   Große Einzelhändler kommen nicht wegen mangelnder Frequenz, die wiederum erst durch die großen Einzelhändler käme. Das heißt man die Quadratur des Kreisfreien. Eine Passantin hat laut gschimpft: Es gibt doch kein schönes Geschäft mehr in Ingolstadt! Ein schönes nicht mehr, aber bald ein billiges: der Prima Primark mit ausbeuterischen Arbeitsbedingungen wie sonst nur in den Bezirkskrankenhäusern Straubing oder Ansbach.“

„Soll denn der elfenhafte Scheibenwischer vom Glacis, der Krüper Michi, der einzige sein, der das Zentrum noch heimsucht? Dem Deiser sein liebster Innenstadtfreund wollte ja zeigen, dass Ingolstadt schön ist. Bloß ob ihm das mit sich selber gelingt? Herr Chase, hätte Ihr Ordnungsamt nicht definitiv einschreiten müssen bei diesem Elefantenballett in der Fußgängerzone?  1700 Euro war jemand der Krüper im Tütü wert. Ich bin mir sicher, er hätte für die Gehörlosen des Fünffache rausgeholt, wenn er gefragt hätte: Was zahlen Sie, wenn ich angezogen daheim bleib?“

„Der OB hat übrigens auch angedeutet: Wir haben einen fleißigen Stadtrat. Aber er ist noch die Antwort schuldig: Welcher von den 50 ist es?“

„Es war doch für uns alle eine arge Enttäuschung mit der Affäre Haderthauer: Bitte! Was heute eine Affäre sein soll, hätte früher nicht einmal für einen Einspalter im Hepberger Anzeiger gereicht und wäre ganz früher in der CSU höchstens ein Einstiegstest für die mittlere Politikerlaufbahn gewesen. Christine Haderthauer hat 2009 den Strauß nicht als Vorbildpolitiker bezeichnet: ,Da gab’s viele Dinge, die ich anderen nicht zur Nachahmung empfehlen würde.’ Sich selber mit den aktuellen Erfahrungen um ihren Geschäftlhubert wahrscheinlich auch nicht mehr.“

„Eine Wiedergutmachung der Exilstadt hat der OB der Frau Haderthauer beim Neujahrsempfang angedeutet: Er wird nämlich die Harderstraße, wenn sie modellhaft umgebaut ist, umbenennen lassen in „Haderthauer-Straße“. Das soll ein Vorzeige-Boulevard werden: sozusagen eine Modell-bahn, mit Carrara-Marmor, also fast eine Carrera-Bahn, vielleicht auch ein bisschen eine schiefe Bahn, dann wär‘s eher ihre Karriera-Bahn.“

„Und dann hamms rechtzeitig zur Grippewelle nicht nur einen Wasserschaden, sondern pünktlich zum Neuen Jahr auch noch Besuch vom Noro-Virus und dem multiresistenten Keim Klebsiella pneumoniae. Aber kein Grund zur Panik, hat der Fastenmeier anschaulich erklärt: Der Keim Klebsiella ist sowas wie der Christian Lange unter den Bakterien: sitzt am Ende vom Darmtrakt, richtet nicht viel aus, macht aber viel . . . Ärger.“ 


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