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Die Ansiedlung des Billigklamotten-Labels „Primark“ in der Ingolstädter Ludwigstraße ist Anlass zur Freude und zur Sorge gleichermaßen 

Ein Kommentar von Michael Schmatloch 

Zwei Dinge stehen außer Frage. Mit der Einmietung von Primark in die seit Jahren vor sich hin marodierenden City-Arkaden wird die Kundenfrequenz in der Ludwigstraße spürbar ansteigen, werden vor allem junge Leute wieder ein Grund haben, die Innenstadt zu besuchen. Und das nicht nur aus Ingolstadt. Denn die Ingolstädter Filiale, die bislang einzige in Bayern, wird Kunden, die gewohnt sind, sich modisch am untersten Ende der textilen Nahrungskette zu orientieren, aus ganz Bayern locken. Und noch etwa steht außer Frage. In das qualitative Handelsgefüge der Fußgängerzone mit Euro-Shops, "Halle" und anderen Billigst-Anbietern reiht sich Primark fugenlos ein, passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

Die Tatsache, dass Primark den Mietvertrag mit dem Eigentümer Redefine International unterschrieben hat, dürfte auf der anderen Seite einen der größten Schritte in der qualitativen Abwärtsspirale der Innenstadt markieren. „Wir können nur billig“ – ein ausrangierter Werbespruch von Media-Markt, bekommt durch diesen Deal eine ganz andere Bedeutung. Noch mehr als bislang mutiert die Fußgängerzone zum Eldorado für den Einkaufsbummel auf eher unterem Niveau.

Dabei hätte einer prosperierenden Großstadt wie Ingolstadt gerade das Gegenteil gut zu Gesicht gestanden. Quantitativ auf einem sensationellen Weg will der qualitative Sprung in großstädtische Gewässer sein Jahrzehnten einfach nicht gelingen. Und ein Garant für Großstadtflair ist Primark nun wirklich nicht.

Was also wird passieren, nachdem Primark in Ingolstadt ansässig ist, nachdem die Fußgängerzone in den kommenden Jahren ein wenig aufgehübscht wird? Primark wird Kunden ziehen, zweifelsohne. Kunden allerdings, die es gewohnt sind, billigst einzukaufen. Die werden zweifelsohne auch in andere Geschäfte ihre Nase stecken. Und, so sie denn ebenso Billiges finden, auch mal den einen oder anderen Euro dalassen. Das qualitative Niveau der Ludwigstraße wird vermutlich alleine schon deshalb weiter sinken, neue, andere Billigläden werden Primark auf dem Fuß folgen.

Und noch eine Konsequenz ist im Kielwasser von Primark auszumachen: Das Konzept, Bekleidung auf unterstem Preisniveau mit einem gewissen Style-Faktor, der geschickt neuesten Laufsteg-Trends nachspürt, lässt gerne vergessen, dass der Slogan „Look good, pay less“ erkauft werden muss. Mit Billigproduktion. In Ländern wie Bangladesch zum Beispiel. Dort stürzte 2013 eine Fabrik ein, in der Primark produzieren ließ. 1130 Menschen fanden damals den Tod. Auch mit Kinderarbeit wird der irische Hersteller immer wieder mal in Verbindung gebracht, mit in Kleidungsstücken eingenähten Hilferufen ausgebeuteter Näherinnen.

„Die Liste der Vorwürfe gegen Primark ist lang: Seit 2008 schwelt der Verdacht, dass in Primark-Produkten auch Kinderarbeit steckt. Das Ignorieren von Sicherheitsvorschriften und unsachgemäßer Bau führte zu Bränden in diversen Textilfabriken“, schrieb beispielsweise die Berliner Zeitung „taz“. Es sei kein Verbrechen, sich für wenig Geld schön anziehen zu wollen. Die Frage sei nur, welchen Preis wir bereit seien, andere dafür bezahlen zu lassen?

Welchen Preis also ist eine schwer kranke Innenstadt bereit zu zahlen für lebensverlängernde Maßnahmen? Beinahe jeden. Auch wenn darüber die Bemühungen der Stadt um merkantile Integrität ins Wanken geraten sollten, wenn Titel wie Fairtrade-City nach einem Spaziergang durch die Innenstadt nur noch absurd klingen. Ein teuer erkaufter Pakt mit dem Teufel also? Sagen wir es so: Ein Highlight, auf das man in in der Stadt eines Premium-Giganten wie Audi stolz sein könnte, ist es ganz sicher nicht.

Die katastrophalen Arbeitsbedingungen bei Primark stoßen beispielsweise den Sozialdemokraten sauer auf. Angesichts der Ansiedlung der Billigklamotten-Marke in den City-Arkaden hatten sie bereits Mitte Januar Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) aufgefordert, moderatere Töne anzuschlagen als dessen damalige Freundenarie. „Die SPD-Stadtratsfraktion begrüßt jede Aufwertung der Innenstadt. Es ist auch verständlich, dass vor allem junge Leute der Eröffnung der Billigmodemarke Primark entgegenfiebern", so die SPD. Zu Jubelarien bestehe aus Sicht der Sozialdemokraten jedoch kein Anlass.


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