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Landrat Martin Wolf (CSU) sieht sich mit Unmut aus den eigenen Reihen konfrontiert. Am kommenden Montag soll der Kreistag entscheiden, ob man gegen den fristlos gekündigten früheren Ilmtalklinik-Geschäftsführer Marco Woedl vor Gericht zieht oder ihm 190 000 Euro überweist – doch nicht einmal Wolfs Parteifreunde fühlen sich ausreichend informiert

Von Tobias Zell

Eine Woche vor der entscheidenden, außerordentlichen Kreistagssitzung in der Sache Woedl brodelt es innerhalb der CSU-Fraktion. Nach Informationen unserer Zeitung schlägt dem Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf (CSU) Unmut bis Verärgerung aus den eigenen Reihen entgegen – denn einige fühlen sich schlecht informiert, mancher wähnt sich gar „verarscht“.  Und das ausgerechnet, wo doch am kommenden Montagnachmittag, 8. September, der Kreistag eine Entscheidung von großer Tragweite zu treffen hat, bei der eine geschlossene CSU-Fraktion von Vorteil wäre. Denn es geht um nicht weniger als die Abstimmung darüber, ob der Landkreis als Gesellschafter der Ilmtalklinik GmbH gegen den fristlos gekündigten früheren Klinik-Geschäftsführer Marco Woedl vor Gericht zieht oder ob man sich mit ihm auf einen Vergleich einigt und aus Steuergeldern die im Raum stehende Summe von 190 000 Euro überweist. Eine Entscheidung also, die man so oder so dem Bürger zu erklären hat.

Diese Entscheidung ist aber deshalb so knifflig und pikant, weil man freilich nur dann guten Gewissens „Hü“ oder „Hott“ sagen kann, wenn man ausreichend Informationen hat. Zum Beispiel darüber, wie hoch das Risiko ist, den möglichen Prozess zu verlieren. Oder was man denn nun wirklich, wenn es vor den Richter geht, an Handfestem gegen Woedl in der Hand hat. Oder wie teuer es schlimmstenfalls kommen kann, wenn Woedl vor Gericht Recht bekommen sollte. Und was eine Niederlage vor Gericht in der Folge sonst noch bedeuten könnte. 

Juristische Einschätzungen zu diesen Fragen wie zum gesamten, durchaus komplexen Sachverhalt werden die Kreisräte aber, so wie es aktuell aussieht, erst am kommenden Montag kurz vor der Sitzung oder möglicherweise auch erst in der Sitzung des Kreistags erhalten. Und dann sollen sie, fast aus dem Stegreif, entscheiden. Denn enthalten kann man sich im Kreistag ja nicht. Für so manchen Kreisrat ist es nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, angesichts der dürren Informationen, die er hat, guten Gewissens eine Entscheidung zu treffen. Und so mancher soll sich sogar schon darüber informiert haben, ob oder wie man denn diese Entscheidung noch vertagen könnte.

Wie berichtet, hatte Landrat Wolf kurz vor der Sommerpause noch eilends die Fraktions-Spitzen zu einem Treffen hinter verschlossenen Türen gebeten, um über den aktuellen Stand in Sachen Woedl aufzuklären. Dabei informierte der vom Landkreis beauftragte Anwalt über die Entwicklung. Von zentraler Bedeutung war dabei auch, dass sich im Hinblick auf eine mögliche außergerichtliche Lösung eine neue Lage ergeben hat. Hatte der Kreistag angesichts der von Woedl zunächst geforderten 450 000 Euro bekanntlich noch abgewunken, steht nun nach Informationen unserer Zeitung mit 190 000 Euro nicht einmal mehr die Hälfte dieser Summe im Raum.

Soll man aber nun auf diese 190 000 Euro eingehen, damit die Sache vom Tisch und Ruhe ist? Oder ist es nicht sogar im Gegenteil überhaupt nicht beruhigend, wenn man jemandem, dem man zuerst fristlos kündigt, weil man glaubt, dafür stichhaltige Gründe zu haben, nun auch noch freiwillig eine satte Summe zahlt? Mit dieser Gretchenfrage im Gepäck wurden die Fraktions-Chefs in die Sommerpause entlassen. Und die ist nun auch schon fast wieder vorbei – wirklich schlauer indes ist man in den Lagern der Kreispolitik jedoch nicht. 

Aber wie auch, wenn keine neuen Informationen und Erläuterungen auf den Tisch kommen. Freilich gab und gibt es bei der einen oder anderen Fraktion interne Gespräche zum Thema „Zahlen oder klagen?“. Doch viele Fragen zum Verständnis, zur Tragweite, zu den Hintergründen oder den Folgen ergeben sich naturgemäß erst bei der intensiven Beschäftigung mit dem Thema. Zwar hatte der Landrat den Fraktionen zunächst angeboten, sie könnten sich mit dem vom Landkreis engagierten Anwalt zusammensetzen, um alles in Ruhe zu erläutern und sich erklären zu lassen. Doch aus diesen Terminen ist dann doch nichts geworden – weil man Angst hat, dass der Kreis derer, die dann nähere Details wissen, zu groß ist. Und weil man sich sorgt, dass dann etwas nach außen dringen könnte, was nicht für die Allgemeinheit oder – im Falle eines Prozesses – keinesfalls für die Gegenseite bestimmt ist.

So werden die Fraktionen also erst am kommenden Montag mehr erfahren. Der Kreisausschuss tagt um 15 Uhr, die außerordentliche Sitzung des Kreistags (auf der Tagesordnung steht nur der Fall Woedl) dann um 16 Uhr. Beide Sitzungen sind nicht-öffentlich, wie Landrat Wolf heute gegenüber unserer Zeitung bestätigte. Zur Sache selbst wollte der Kreischef, der ja auch Vorsitzender des Klinik-Aufsichtsrats ist, nichts sagen. Er bestätigte lediglich, dass der Anwalt am Montag auch anwesend sein werde.

Aber das ist so manchem einfach zu spät. Um 15 Uhr schnell informiert werden, um dann um 16 Uhr eine so folgenreiche Entscheidung zu treffen – bei einer solchen Operation am offenen Herzen würde so mancher am liebsten gar nicht mitmachen. So oder so ähnlich sind die Stimmungen einzufangen. Dass solche Töne aus der Opposition kommen, liegt freilich in der Natur der politischen Sache. Doch aktuell regt sich diesbezüglich auch Unmut innerhalb der CSU. Denn ausgerechnet in der Partei, die den Landrat stellt, fühlen sich einige nicht ausreichend informiert. Und das ist noch diplomatisch formuliert. Denn tatsächlich reichen die Formulierungen von „Man fühlt sich verarscht“ bis „Das ist eine Peinlichkeit“. Diese Verärgerung in den eigenen Reihen soll auch Landrat Wolf bereits persönlich und unmissverständlich erreicht haben. Er selbst wollte dazu heute auf Anfrage keinen Kommentar abgeben; überhaupt werde er sich vor den Sitzungen am Montag nicht zum Thema äußern, sagte er.

Man muss aber kein Prophet sein, um „verarscht“ und „Peinlichkeit“ einzuordnen. „Verarscht“ fühlt sich so mancher Kreisrat, weil er erst durch die Berichterstattung unserer Zeitung so manches Detail zum Fall Woedl erfahren hat. Wir hatten aus dem Sonderprüfungsbericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband (BKPV) zum Fall Woedl zitiert, der unserer Redaktion vorliegt – aber offenbar keineswegs all denen, die am Montag entscheiden müssen. Und eine „Peinlichkeit“ ist das für so manchen, weil er sich informations-technisch an die kurze Leine gelegt sieht. Und das, wo man doch den Landrat im eigenen Lager hat. Was für gewöhnlich für einen Informationsvorsprung steht.

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